: Stolz und Vorurteil
„Beneath Clouds“ (Wettbewerb) ist ein Roadmovie der Rassen in schöner, farbgetreuer Postkartenlandschaft
Wenn man am frühen Morgen einen Film guckt, ist man irgendwie immer sehr milde gestimmt. Mag sein, dass es daran liegt, dass man um neun Uhr morgens schlicht aufnahmefähiger ist als etwa um zwölf Uhr nachts; mag sein, dass das Kinogucken so sehr mit dem Schlaf verwandt ist, dass man gar nicht wirklich das Gefühl hat, nun schon am frühen Morgen in der bösen Wachwelt zu sein. Egal jedenfalls und sei’s drum: Man saß dann in den bequemen roten Kinosesselklappstühlen und freute sich über die hübschen, gestochen scharfen und vermutlich sogar farbgetreuen Postkartenlandschaften des australischen Wettbewerbsfilms „Beneath Clouds“. Was für eine Landschaft, welch Weite und sanfte Schönheit der Felder! Beeindruckend sind auch die Wolken über Australien, wenn man sie im Zeitraffer aufnimmt.
Unter den Wolken aber steht nicht alles zum Besten. Stichwort: das böse Erbe des Rassismus, Mord und Versklavung der Ureinwohner, denen die Weißen ihr Land nahmen. Das sind ja die Themen, mit denen sich der australische Film oft beschäftigt. Und mit der Weite des Landes natürlich auch.
„Unter Wolken“ erzählt von einer Begegnung zwischen Schwarz und Weiß; Vaughn (Damian Pitt), ein junger Aborigine, der an Giovanne Elber erinnert, trifft Lena (Danielle Hall), die eher weiß aussieht, denn der Papa ist Ire, die Mutter allerdings auch eine Aborigine. Vaughn also war zwei Jahre im offenen Strafvollzug vor allem mit Bäumepflanzen und anderen Forstarbeiten beschäftigt. Als er hört, dass seine Mutter, die die Familie verließ, als er ganz klein war, schwer krank ist, flieht er, um sie noch einmal zu sehen. Auf seiner Flucht trifft er Lena, die auf der Suche nach ihrem Vater ist, den sie in Sydney vermutet. Vorurteilswelten prallen aufeinander: Während Vaughn sehr stolz auf seine Hautfarbe ist und alle Weißen verachtet, hat Lena Probleme mit Aborigines und ungute Erinnerungen an ihren Aborigine-Stiefvater und die Mutter, weil die schon tagsüber Alkohol tranken, weil sie wohl arbeitslos waren.
Beide trampen also durchs schöne Australien, erleben allerlei Abenteuer mit unterschiedlichen Vertretern ihrer Hautfarben und kommen einander näher. Am Ziel ihrer Reise, am Ende des Films, ist Vaughns Mutter leider schon tot. Verdienstvollerweise hat Regisseur Ivan Sen darauf verzichtet, die zwei beiden miteinander zu verkuppeln. Auch die Filmmusik ist gut, denn sie sagt einem immer, was man gerade zu empfinden hat, und das ist natürlich wichtig, sonst hätte man es ja möglicherweise vergessen. DETLEF KUHLBRODT
„Beneath Clouds“. Regie: Ivan Sen. Australien 2001, 85 Min.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen