Zurück vom Mond

■ FC St. Pauli tritt in den Farben der Nationalelf auf und spielt auch so: 0:4 gegen Schalke

Sie sind wieder da. Nach einem kurzen Ausflug in höhere Sphären des Bundesligaalltags ist der FC St. Pauli mit einer 0:4-Niederlage gegen Schalke wieder auf die Erde zurückgekehrt. Bei der Ankunft im Weltraumbahnhof „Auf Schalke“ zeigte sich das Team von Dietmar Demuth noch völlig beeindruckt von den Erlebnissen des vergangenen Mittwochs (2:1 gegen Bayern) und hoffte, den überirdischen Kick wiederholen zu können. Gerade so, als ob neben den Fans auch einige Spieler vor 60.000 Zuschauern über die erste kleine Siegesserie der Saison phantasierten. Doch der Ritt zum Mond und zurück nach Gelsenkirchen muss die realistische Wahrnehmungsfähigkeit stark beeinträchtigt haben.

Aber wer fragt schon nach realis-tischen Einschätzungen? Dietmar Demuth nicht, der, egal ob am Millerntor oder „Auf Schalke“, mit zwei nominellen Abwehrspielern (Stanislawski und Gibbs) agieren lässt. Die Mittelfeldspieler, die ihre Defensivarbeit vernachlässigen und unablässig mit Fehlpässen die Chancen für den Gegner einleiten auch nicht. Und die Fans, die ganz fest an einen Nichtabstieg glauben, schon gar nicht. Alles Spinner. Mit einer Gemeinsamkeit: Das Unmögliche nur mit unmöglichen Maßnahmen zu schaffen. Last Exit Attacke.

Im akustischen Brei der Arena „Auf Schalke“ gelang dies genau sieben Minuten lang, in denen die Spieler des FC St. Pauli mit voller Fahrt ihr Glück in der Offensive suchten. Leider ungebremst, so dass die Fahrt an einer Mauer im Fünfer-Mittelfeld der Schalker gestoppt wurde und die Blau-Weißen lässig in die verlassenen Räume in St. Paulis Hälfte stoßen konnten. „Wir wissen zwar, dass wir risikoreich auftreten müssen, aber so sorglos dürfen wir nicht nach vorne preschen“, sagte der vernachlässigte Abwehrchef Holger Stanislawski.

Ähnliches muss auch Thomas Meggle durch den Kopf gegangen sein, als er Dema Kovalenko fünf Minuten nach dem 0:1 energisch zusammenfaltete. Denn gerade über dessen von Jörg Böhme fantastisch besetzte linke Seite konterten die Schalker derart zwingend, dass jeder Gegenspieler zwangsläufig einen schlechten Eindruck hinterlassen hätte. Drei von vier Toren hatten direkt (0:3) oder indirekt mit der Präsenz von Böhme und der Nichtpräsenz von Außenverteidigern zu tun. Und spätestens der Treffer von Andreas Möller zum 0:2 in der 24. Minute zeigte, dass Unmögliches heute tatsächlich außerhalb der Reichweite liegen würde.

Traurig wurde es aber erst in der zweiten Halbzeit, als zu erkennen war, mit welcher Dominanz Schalke die Nachlässigkeiten des kleinen Vereins bestrafte. Die Elfmetertore von Böhme (Lupfer in die Mitte des Tores) und Oliver Reck (in den Winkel) deuteten die selbstsichere Arroganz an, mit denen das inzwischen auf zehn Spieler geschrumpfte St. Pauli-Team (Baj-ramovic sah die rote Karte wegen Handspiels) gedemütigt wurde. „Wir waren weit entfernt uns einen Punkt zu verdienen“, analysierte Manager Stephan Beutel die Niederlage realitätsnah. Und auch Dietmar Demuth gab bodenständig zu Protokoll, dass „man nicht so vermessen sein darf, hier drei Punkte zu erwarten. Die müssen woanders geholt werden.“

Eine Spielverlegung auf den Mond sollten sich die Offiziellen des kommenden Gegners Leverkusen daher also gut überlegen.

Oke Göttlich

Schalke 04: Reck – van Kerckhoven, Waldoch, Oude Kamphuis – Böhme (72. Büskens), Kmetsch, Wilmots, Möller (47. Vermant), Asamoah - Sand, Mpenza (64. Djordjevic)

FC St. Pauli: Henzler – Gibbs, Stanislawski – Berre (60. Baris), Kientz, Bajramovic, Meggle, Kovalenko (30. Trulsen), Rahn – Rath, Patschinski

Rote Karte: 53. Bajramovic

Tore: 1:0 Sand (9. Min. Böhme), 2:0 Möller (24. Min. Böhme), 3:0 Böhme (54. Min., Elfmeter), 4:0 Reck (80. Min, Elfmeter)