: „Diese Pulverschneedeppen“
Endlich gibt es den Telefonnotdienst für Olympiahasser. Ein Interview mit dem Betreiber
Der Wiener Werbefachmann Alois Gmeiner sucht Gleichgesinnte. Deswegen hat er am Montag eine Telefon-Hotline für Olympiahasser eingerichtet. Unter der Telefonnummer 0190-855525 können diese ihren Frust über die Spiele loswerden. Doch Vorsicht: Der Spaß ist nicht billig, er kostet 3,1 Cent pro Sekunde.
taz: Herr Gmeiner, Ihr Heimatland Österreich liegt im Medaillenspiegel mit vorne. Macht Sie das denn kein bisschen stolz?
Alois Gmeiner: Na ja, es geht doch nicht um Medaillen.
Sondern?
Es geht darum, dass bei Olympia die Österreicher die Deutschen hassen und die Deutschen die Österreicher, obwohl die Spiele doch eine völkerverbindende Sache sein sollten. Wenn es aber um Medaillen geht, wird eine Rivalität bis ins Letzte geschürt. Dieser Unfriede trägt sich bis in die Familien hinein.
Und deswegen haben Sie eine Telefon-Hotline eingerichtet, auf der man sich antiolympisch auskotzen kann und auf der schon im Vorspann die österreichischen Skihelden als Pulverschneedeppen beschimpft werden.
Nein, nein. Da hab ich Deutschland und die Schweiz schon auch mit gemeint. Auch bei euch gibt es Pulverschneedeppen.
Was hat Sie dazu veranlasst, die Hotline aufzumachen?
Im Prinzip war es dasselbe wie bei Harry Potter, auch da hatte ich eine Anti-Hotline eingerichtet. Ich mag es einfach nicht, wenn eine Sache so hochgehypt wird. Ich selbst bin in keinem Verein und in keiner Partei, solche Dinge machen mich nervös. Und genauso ist es bei riesigen Sportveranstaltungen. Ich finde es einfach abartig, dass Menschen ihr ganzes Leben auf den depperten Sport ausrichten, während die Welt sich gleichzeitig auf den Abgrund zubewegt.
Was missfällt den Menschen denn so an Olympia?
Das kann man noch nicht sagen, weil die Sache ja erst angelaufen ist. Die ersten Statements waren noch nicht so doll und eher unqualifizierte Äußerungen.
Zum Beispiel!
Olympia ist Scheiße und solche Dinge. Also da sind im Moment noch echt eine Menge Blödheiten dabei. Ich hoffe aber, dass sich das ändert und es mit der Zeit so wird wie bei Harry Potter. Da haben die Anrufer richtig klasse Hasstiraden losgelassen.
Mit wie vielen Anrufern rechnen Sie die nächsten Tage?
Ich habe da keine Erwartungen. Bei Potter waren es am Ende über 1.000 Anrufe und gut 300 Minuten aufgesprochener Text.
Bei 3,5 Cent pro Sekunde kommt da ein ganz hübsches Sümmchen zusammen.
Ja, das tut es. Aber davon muss ich den Telefonprovider bezahlen, mit dem zusammen ich die Hotline eingerichtet habe, und auch die Telekom kassiert bei den 0190-Nummern ganz schön mit. Bei der Potter-Hotline sind am Ende rund 700 Euro übrig geblieben. Also reich wird man damit nicht. Aber das war ja auch nicht meine Intention.
Um was geht es Ihnen dann?
Ich will zeigen, dass nicht jeder Mensch Olympia liebt. Wenn ich zurzeit den Fernseher anschalte, werde ich doch nur noch mit Olympia und Sport zugeschüttet, jede Darmträgheit von irgendeinem Langläufer wird dort kommentiert. Das nervt mich unheimlich. Ich fühle mich davon belästigt.
Herr Gmeiner, treiben Sie eigentlich Sport?
Ich bin aktive Couchpotatoe.
INTERVIEW: FRANK KETTERER
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