Der Alte und die Wortkarge

Frank Luck holt seine vierte Olympiaplakette im Biathlon, Andrea Henkel ist nach ihrem Sieg über 15 km sprachlos

SALT LAKE CITY dpa ■ Heute stehen die nächsten Olympiaentscheidungen im Sprint auf dem Programm. Zeit, um Gold und Silber zu feiern, bleibt da natürlich keine. Auch nicht für Frank Luck. Der 34-Jährige hatte sich nach den Winterspielen vor vier Jahren in Nagano eigentlich mit Rücktrittsgedanken getragen. „Ich bin froh, dass ich nicht aufgehört habe. Zum Glück hatte ich damals noch nicht das Gefühl, dass es das schon gewesen ist“, sagte Luck. Seine vierte Olympiamedaille nach zwei Mal Staffel-Gold sowie Einzel-Silber in Lillehammer bezeichnete er als „Lohn für vier Jahre harte Arbeit“. Luck missriet die vergangene Saison. Auch danach wollte er nicht mehr. Doch er ließ sich Polypen aus der Nase entfernen. Laut Luck drückten diese die Form nachhaltig. Mit befreiter Atmung legte er im Sommer den Grundstock für Olympia.

Der Erfolg von Frank Luck kam für Antje Harvey-Misersky nicht überraschend. Vor dem Start hatte sie ihrem ehemaligen Vereinskollegen prophezeit, dass er eine Medaille holen wird. „Der alte Hase war wieder unglaublich. Er hat Nerven wie Drahtseile“, meinte sie. Lucks besonderer Dank galt Frank Ullrich. Der Bundestrainer ist die wichtigste Bezugsperson in seinem sportlichen Leben. Als Luck 1989 den ersten seiner inzwischen neun WM-Titel gewann, war Ullrich in Oberhof sein Heimtrainer – und ist es noch.

Ullrich, der 1980 in Lake Placid selbst olympisches Gold gewann, schämte sich seiner Rührung bei der Medaillenzeremonie nicht. „In solchen Augenblicken läuft so viel vor dem inneren Auge ab. Man denkt an schöne und harte Zeiten“, sagte Ullrich, den das dramatische Rennen sichtlich bewegt hatte. „Es war ja so knapp im Kampf um Silber“, stöhnte er am Schießstand von Soldier Hollow. „Ich hatte da wohl einen höheren Puls als der Lucky“, gestand Ullrich. Trotz der Erfolge klang der Tag für die Athleten fast „trocken“ aus. „Ich habe den Abend genossen. Richtig gefeiert haben meine Eltern in Großbreitenbach“, erzählte Andrea Henkel, nachdem sie noch aus dem Stadion mit einem Handy des deutschen NOK zu Hause angerufen hatte. „Auch ohne eine Fete war der Tag lang genug“, sagte die Zweitjüngste im deutschen Biathlonteam, die seit zwei Jahren gemeinsam mit ihrer Zimmerkollegin Martina Glagow die Hackordnung in der Mannschaft durcheinander gebracht hat.

Exakt 47:29,1 Minuten hatte Andrea Henkel für den überraschenden Olympiasieg benötigt, der um die Mittagszeit feststand. Danach musste sie einen fast neunstündigen Marathon mit Pressekonferenz, rund 50 Interviews sowie dem Auftritt im Deutschen Haus bestehen, ehe sie endlich das Edelmetall um den Hals gehängt bekam. Das Thüringen-Haus in der Olympiastadt musste sogar ganz auf den Besuch der beiden ersten Medaillengewinner des Freistaates verzichten. „Richtig gefeiert wird nach der Staffel am kommenden Montag, auf die ich mich schon riesig freue“, erklärte Henkel. Dann will das Frauenteam vom Außenquartier im Homestead-Golfressort ins olympische Dorf ziehen und die olympische Atmosphäre genießen.

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