Leo Kirch weiter unter Beschuss

Münchner Medienkonzern hat mit 13 Milliarden Euro angeblich doppelt so viele Schulden wie bisher bekannt. Kirch soll schon über Verkauf seiner Sahnestückchen verhandeln, für den Anteil am Springer-Verlag sind über 1 Milliarde Euro im Gespräch

BERLIN taz/rtr ■ Der Konzern des Medienunternehmers Leo Kirch wird weiter mit Gerüchten und Insidermeldungen sturmreif geschossen. Gestern meldete das Wall Street Journal Europe, die Schulden des Münchner Firmenverbunds seien mit „mindestens 13 Milliarden Euro“ doppelt so hoch wie bisher gedacht.

Als Quelle wurde eine interne Studie einer der „Haupt-Gläubiger-Banken“ angegeben. Es seien alleine 8 Milliarden Euro an Bankschulden und darüber hinaus weitere 5 Milliarden an anderen finanziellen Verbindlichkeiten aufgelaufen.

Laut Wall Street Journal werden allein in diesem Jahr Kredite und Verbindlichkeiten in Höhe von 5,2 Miliarden Euro fällig – plus Zahlungen in unbekannter Höhe an Hollywood-Studios für Filmrechte. Ein Kirch-Sprecher lehnte einen Kommentar ab.

So genannte Branchenkreise wiederum meldeten gestern, dass die Kirch-Gruppe ihren 25-Prozent-Anteil an dem spanischen TV-Sender Telecinco teilweise verkaufen wolle, um so an Geld zu kommen. Zunächst sollten knapp zwei Drittel des 25-prozentigen Kirch-Anteils an dem rentabelsten Fernsehsender Europas abgegeben werden, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Montag aus Kreisen in Madrid und München. Mit einem Abschluss der Verhandlungen werde in den nächsten Tagen gerechnet.

Die Kirch-Gruppe ist durch die hohen Verluste beim PayTV-Sender Premiere und die anhaltende Werbeflaute in die Krise geraten. Kirch-Geschäftsführer Dieter Hahn hatte im Dezember die Verschuldung des Medienkonzerns mit rund 6 Milliarden Euro beziffert. Den 40-prozentigen Anteil Kirchs am Springer-Verlag will möglicherweise ein Konsortium der Banken Dresdner Bank, HypoVereinsbank, Commerzbank, Bayerische Landesbank und DZ Bank für mehr als 1,1 Milliarden Euro übernehmen. Dazu erwägt der Medienkonzern angeblich als Notlösung auch einen Verkauf seines 58,3-prozentigen Anteils an der Formel 1.

Die Kirch-Gruppe ist der größte deutsche Filmrechtehändler und kontrolliert die Sendergruppe ProSiebenSat.1. Auch vertreibt Kirch die weltweiten Übertragungsrechte an den Fußballweltmeisterschaften 2002 und 2006.

Eine eventuelle Pleite würde auch CSU-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber treffen, weil der Freistaat Bayern über seine Landesbank Milliardenkredite an den konservativen Medienherrscher in seiner Hauptstadt München vergab. REM