: „Ein Sieg der Vernunft“
Umweltstaatssekretär Rainer Baake ist zufrieden mit dem Dosenurteil des OVG Berlin. Bis Herbst soll nun das Zwangspfand endlich kommen: Auf Dosen wie Einwegflaschen für Bier, Mineralwasser – und vermutlich auch für Cola und Limo
Interview MATTHIAS URBACH
taz: Herr Baake, sechzehn Handelskonzerne und Großbrauereien sind mit ihrer Klage gegen das Dosenpfand für Mineralwasser und Biere gescheitert. Sind Sie mit dem Urteil zufrieden?
Rainer Baake: Aber ja. Dies ist ein Sieg der Vernunft über die Einwegwirtschaft. Ex und hopp wird endlich unattraktiv.
Immerhin konnte die Dosenlobby das Zwangspfand noch über ein halbes Jahr verzögern.
Das ist leider richtig. Ganz offensichtlich haben die Unternehmen die Zeit auch genutzt, um Mehrweg weiter aus dem Handel zu drängen.
Auf welche Weise?
Jeder, der einkaufen geht, konnte sehen, dass die großen Unternehmen mit Sonderangeboten massiv für Einweg geworben haben. Man sieht das auch am Ergebnis: Die Mehrwegquote befindet sich im freien Fall.
Wann wird das Dosenpfand denn nun kommen?
Im kommenden Herbst.
Vor oder nach der Wahl?
Das hängt noch von einigen Prüfungen ab. Neuere Erhebungen deuten darauf hin, dass es auch bei kohlensäurehaltigen Erfrischungsgetränken, wie Cola und Fanta, einen Einbruch der Mehrwegquote gab. Derzeit überprüft das Umweltbundesamt die Zahlen aus der Nacherhebung für das Jahr 1998, was noch einige Wochen dauern wird. Das wollen wir abwarten und dann entscheiden, ob neben Bier auch für Cola und Limo eine Pfandpflicht eingeführt wird.
Also kommt das Pfand erst nach der Wahl.
Das kann nach der Wahl sein, aber dieser Zeitpunkt ist für uns nicht entscheidend.
Kommt das Zwangspfand denn noch rechtzeitig?
Es ist jedenfalls höchste Zeit: Alles Gerede des Handels, man wolle die Mehrwegquote stabilisieren, erwies sich als Schall und Rauch. Tatsächlich setzten die Großbrauereien ihren Verdrängungswettbewerb gegen den Mittelstand fort. Würden wir jetzt nicht eingreifen, würde die Existenz der kleinen Brauereien und Mineralbrunnen aufs Spiel gesetzt, die im Vertrauen auf das Gesetz in Mehrweg investiert haben. Das würde tausende Arbeitsplätze kosten.
Wie hoch ist denn der Mehrweganteil noch? Die Deutsche Umwelthilfe spricht von zuletzt nicht einmal mehr 60 Prozent.
Es gibt einen eindeutigen Trend nach unten. Aber bevor die neuen Zahlen nicht überprüft sind, kann ich sie nicht öffentlich machen.
Wird denn das Zwangspfand nun die Trendwende zugunsten des Mehrweges bringen?
Der Convenience-Vorteil der Dosen fällt bei einem Pfand weg. Man muss sie genau wie Mehrwegflaschen zum Händler zurückbringen, um sein Pfand wiederzubekommen. Deshalb glaube ich, dass sich die Mehrwegquote stabilisiern wird.
Aber die gesetzlich geforderten 72 Prozent wird sie nicht mehr erreichen.
Ich bin kein Prophet. Aber ich hoffe, dass Mehrweg auch wieder Marktanteile gewinnen wird.
Fürchten Sie, dass das Dosenpfand Sie Wählerstimmen kosten wird?
Nein. Es gibt in der Bevölkerung eine große Mehrheit dafür: In Umfragen haben stets 70 bis 80 Prozent ein Pfand auf Dosen begrüßt.
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