Auf Schienen in der Business-Class

Zwischen Gera und Rostock eröffnet morgen die erste private Fernbahnlinie Deutschlands. Der private Betreiber Connex greift die Bahn auf einer Strecke an, die der Monopolist stillgelegt hat. Mehr Service und verstärkte Werbung

BERLIN taz ■ Reisende zwischen Thüringen und der Ostseeküste können sich ab morgen aussuchen, ob sie mit der Deutschen Bahn AG fahren oder mit der Bahnfirma Connex. Diese eröffnet am 1. März die erste private Fernbahnlinie Deutschlands. Einmal täglich – morgens hin, nachmittags zurück – wird dann ein Zug mit 200 Plätzen zwischen Gera und Rostock verkehren.

Die Privatisierung bringt Vorteile. Die Connex-Verbindung ist schneller als die der Bahn. Wer nachmittags etwa von Rostock nach Leipzig fährt, wird mit der Bahn-Tochter des französischen Mischkonzerns Vivendi (Telekommunikation, Wasser, Musikindustrie) viereinhalb Stunden brauchen. Die Bahn AG schafft die Route in fünf Stunden. Auf anderen Abschnitten – Berlin–Rostock zum Beispiel – macht der Zeitvorteil des privaten Angebots je nach Verbindung nur wenige Minuten aus. Die einfache Fahrkarte kostet bei Connex in diesem Fall 27,95 Euro, bei der Bahn 60,20 Euro. Die Privattransporteure orientieren sich in etwa an dem halben Bahn-Preis, den man mit Bahncard bezahlen würde.

Die Bahn AG hatte den Verkehr mit den schnellen Interregio-Zügen zwischen Berlin und Rostock vor einiger Zeit eingestellt. Begründung: zu wenig Passagiere. Das will Connex jetzt ändern. Der Gewinn soll weniger mit Kostensenkung im Vergleich zur Bahn als vielmehr mit höherer Auslastung erwirtschaftet werden. „Wir machen gezielte Werbung“, heißt es von Connex. Außerdem gibt es Service: Gegen Aufpreis bietet die Business-Class den Passagieren Kaffee, Kekse und Zeitungen.

Knapp 8 Prozent des Nahverkehrs auf der Schiene in Deutschland leisten zur Zeit private Betreiber. Der größte unter ihnen ist Connex. Die Firma lässt Züge nicht nur hierzulande fahren, sondern auch in Frankreich und Großbritannien. Connex mietet die Schienen von der Bahn und least Loks und Waggons. Die Wagen mit dem blaugelben Anstrich rollen inzwischen in dutzenden von Landkreisen und transportieren zunehmend auch Güter. Bürgerinitiativen, Kommunen und Umweltschützer begrüßen es, wenn die Privaten tun, wozu die Bundesbahn sich in vielen Gegenden nicht mehr in der Lage sieht: ein Schienennetz auch in der Fläche betreiben.

Weil Bahn-Chef Hartmut Mehdorn angekündigt hat, sämtliche Interregio-Verbindungen einzustellen, hat Connex unlängst angeboten, diese zu übernehmen. Die Franzosen wollten dafür auch die Züge vom Exmonopolisten mieten. Mehdorn jedoch lehnte ab. HANNES KOCH