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Schraib, wie du schprichst

Problem Analphabetismus: Für Kinder mit Lese- und Schreibschwäche gibt es PLUS. Doch wer hilft Erwachsenen?  ■ Von Natascha Peleikis

Ein kleiner Raum für ein Klassenzimmer, aber gemütlich. Die großen Fenster lassen viel Licht herein. Tafel, Computer, Alphabet an der Wand, es könnte eine Grundschule sein. Die Kaffeemaschine und die Kaffeebecher in der Ecke deuten allerdings an: hier lernen Erwachsene. „Das O in ,kommt', ist das ein richtiges O?“, fragt Almut Schladebach, Lehrerin des Grundbildungskurses der Volkshochschule, und hält ein rotes O aus Schaumgummi hoch. „Oder hört man es kaum?“

Die fünf Frauen und Männer zwischen 20 und 75 Jahren überlegen: folgt nach dem O ein M oder sind es zwei? Sie können zwar lesen, haben aber große Schwierigkeiten mit dem Schreiben. „Ich war ein schüchternes Kind, hatte viele Ängste und habe viel geschwänzt“, beschreibt eine Kursteilnehmerin ihre Schulzeit. „Dadurch kam ich nicht mehr mit, aus Angst bin ich dann erst recht nicht hingegangen.“ Ein Kreislauf entstand.

Eine einheitliche Definition des Begriffs Analphabetismus existiert nicht. Denn die Gründe, gar nicht oder nur eingeschränkt lesen und schreiben zu können, sind vielfältig. Es gibt auch keine genaue Zahlen. 0,75 bis 3 Prozent der Erwachsenen in den Industrieländern, so schätzt die Unesco, haben Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben. Für Hamburg hieße dies: vermutlich zwischen 13.500 und 54.000 Menschen, ausländische Mitbürger ausgenommen. Die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss hat sich laut Statistischem Landesamt in den vergangenen zehn Jahren um ein Drittel erhöht – von 1417 im Jahr 1990 auf 1867 im Jahr 2001.

„Die Früherkennung ist neben Integration und Kooperation ein wichtiges Prinzip, um die Lese- und Schreibschwäche einzudämmen“, sagt Axel Widmann von der Behörde für Schule. Seit 1994 gibt es das Projekt Pro Lesen und Schreiben (PLUS). Jährlich erhielten 60 Lehrerinnen und Lehrer eine Fortbildung zum Thema Analphabetismus. Inzwischen hat jede Schule einen Schriftsprachberater, in Stadtteilen wie Bergedorf, Jenfeld oder Altona sind es bis zu vier pro Schule.

Zur Feststellung der Lese- und Rechtschreibschwäche wird bei auffälligen Kindern die Hamburger Schreibprobe durchgeführt. Dieser standardisierte Test ermittelt, wo die Kinder im Bundesdurchschnitt stehen. Wird eine Lese- und Rechtschreibschwäche festgestellt, können die Eltern außerunterrichtliche Lernhilfen (AUL) wie Therapie und Förderunterricht beantragen. Doch „bis sich die Gesamtsituation verändert, braucht es noch Zeit“, sagt Widmann. Die Jugendlichen, die im kommenden Sommer von der Schule abgehen, konnten sicher nicht von PLUS profitieren. Wenn sie Probleme mit dem Lesen und Schreiben haben, müssen sie sich an andere Stellen wenden.

An die Volkshochschule Hamburg zum Beispiel. Sie stellt zur Zeit die meisten Kursplätze für erwachsene Analphabeten. Laut Almut Schladebach fragen im Schnitt 200 Personen pro Jahr nach Lese- und Schreibkursen. „Im Nachrückverfahren können wir die Nachfrage in der Regel befriedigen.“ Bedingung für diese Kurse sind ausreichende Deutschkenntnisse. Und wenn der Hauptschulabschluss fehlt, zahlt das Sozialamt einen Großteil der Kursgebühren.

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