Ah, eine Kaffeefahrt

Schalke-Manager Assauer macht sich in Cottbus einen lockeren Nachmittag – und sein Team verliert mit 0:2

COTTBUS taz ■ Es ist gar nicht so sonderlich abwegig, dass sie beim Klären der Schuldfrage irgendwann auch auf den Manager zu sprechen gekommen sind auf Schalke, natürlich nur in kleiner Runde. Die Rede könnte dann zum Beispiel davon gewesen sein, dass es doch extrem lässig aussah, wie Rudi Assauer kurz vor Spielbeginn übers Grün in Richtung Bank schlenderte, dabei gemütlich in die frühlingshafte Sonne über Cottbus blinzelte und schließlich fröhlich abwechselnd mal am Stumpen in der Linken zog sowie am Kaffee-Pappbecher in der Rechten nippte. So viel zur Schau gestellte Lockerheit war bestimmt kein gutes Beispiel für die Spieler vom FC Schalke 04 vor ihrer Bundesligapartie im Stadion der Freundschaft. Und man darf sich also vorstellen, wie ein paar der Knappen noch vor dem Anpfiff hinüber zu ihren Manager blickten, die Köpfe zusammensteckten und schließlich raunten: „Ah, eine Kaffeefahrt!“

Natürlich ist das nur eine Reporter-Ahnung, aber immerhin eine faktisch durchaus belegbare. Denn als sich Assauer Mitte der ersten Halbzeit vom lebenden Schalke-Maskottchen Charly Neumann auch noch eine zweite Fuhre zur Bank hatte bringen lassen, dauerte es nur noch knappe zehn Minunten, bis die Hausherren des FC Energie Cottbus in Führung gehen konnten, weil der Schalker Abwehrspieler Matellan dem Cottbuser Angreifer Topic ziemlich ungeschickt und im Strafraum ins Gehege gekommen war, was wiederum Vasile Miriuta in Minute 37 zur Führung per platziertem Schuss aus elf Metern nutzte. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die Schalker die Partie annähernd komplett verschlafen, was danach kam, vor allem in Halbzeit zwei und dort in der Schlussphase, wirkte meist seltsam gehetzt, mit fortwährender Spieldauer gar zunehmend hektisch – und stets ohne echten Plan.

So musste sich Huub Stevens danach vor allem zwei Fragen gefallen lassen. Erstens: Fehlte es der Mannschaft an Aggressivität? Zweitens: Kann Schalke ohne Möller nicht? Beides beantwortete der Noch-Schalke-Trainer (Antwort eins: „Ich glaube nicht, dass es an der Aggressivität lag“; Antwort zwei: „Es haben mehrere Spieler gefehlt“) mit deutlichem Widerwillen, was insgeheim schon wieder vermuten lässt, dass er das selbst auch so gesehen hat. Zumal es ja durchaus Bestätigung gab, zumindest für These eins. „Die wollten das hier mit links durchziehen“, gab Energies Mittelfeldackerer Bruno Akrapovic zu Protokoll, und auch Spielmotor Miriuta stellte fest: „Wir hatten einfach die bessere Moral.“

Was These zwei angeht, diente so ziemlich der ganze Kick als Beweis, auch wenn das explizit kein Schalker aussprechen wollte: Der gelbgesperrte Möller fehlte an allen Ecken und Enden – und somit jede Art von höherer Kunst im Schalker Spiel. „Wir haben nicht die richtigen Entscheidungen in den richtigen Momenten getroffen“, erkannte selbst Stevens. Rennen, kämpfen und grätschen wiederum können die Cottbuser auch, und zwar mindestens genauso gut wie die Schalker, für die es deshalb die erste Niederlage nach der Winterpause setzte.

Den Königsblauen diese zugefügt zu haben, sorgte bei Energie-Übungsleiter Eduard Geyer für deutlich gute Laune. „Eigentlich wollten wir ja 6:0 gewinnen, um die Tore wieder auf null zu stellen“, frotzelte der Cottbuser Trainer in memoriam an das 0:6 aus der Vorwoche bei den Bayern; dass es dann doch nur zwei geworden waren, schmerzte Geyer kaum. Denn zum einen hatte er den Sieg, wie er fröhlich zugab, zuvor nicht wirklich auf der Rechnung gehabt; zum anderen hätte in der Schlussphase, als Schalke den Cottbuser Kasten in der Tat mit Mann, Maus und schon ab der 76. Minute (!) mit Torhüter Reck bestürmte (Stevens: „Das war etwas früh“; Geyer: „Ich habe gedacht: Oh, der spinnt“), durchaus auch der Ausgleich für die Gäste fallen können (Geyer: „Da hatten wir hinten viel zu tun“) – statt das 2:0 durch Kaluzny just in der Schlussminute. So aber sind die Aktien der Lausitzer auf den Klassenerhalt wieder ein bisschen gestiegen – und Assauer ist der Durst auf Kaffee vergangen. In der Pressekonferenz jedenfalls orderte er als allererstes: „Ein Pils.“ FRANK KETTERER