american pie
: Basketball-Coach Bob Knight wieder voll da

Der Würger von Bloomington

Unkraut vergeht nicht, werden sich etwas resigniert jene Leute sagen, die es vor eineinhalb Jahren mit Erleichterung aufnahmen, dass Bob Knight, zuvor 29 Jahre lang Coach des Basketballteams der Universität von Indiana in Bloomington, endlich entlassen worden war. Die Karriere des für seine cholerischen Ausbrüche berüchtigten Trainers war nicht nur begleitet von Erfolgen wie dem dreimaligen Gewinn der College-Meisterschaft oder der olympischen Goldmedaille mit dem US-Team um Michael Jordan 1984 in Los Angeles, sondern auch von geworfenen Stühlen, wüsten Beleidigungen und physischen Angriffen auf Spieler und andere Zeitgenossen. Selbst Sohn Tim, der als sein Manager fungiert, blieb nicht verschont. 1994 brach ihm der Vater bei einem Jagdtrip in Argentinien während einer Auseinandersetzung die Nase und kugelte ihm die Schulter aus. Entlassen wurde Bobby Knight, nachdem bekannt geworden war, dass er einen Spieler gewürgt hatte. Ein Vorfall, den er heftig bestritt, obwohl die Szene deutlich auf einem Video zu sehen war.

Dauerhaft geschadet hat ihm die Sache nicht. Im Gegenteil: Bob Knight ist präsenter denn je. Seit einem Jahr trainiert er das Team von Texas Tech, das unter seiner Ägide am Wochenende mit ziemlicher Sicherheit den Sprung in das NCAA-Turnier der 65 besten Mannschaften um die College-Meisterschaft schaffen wird. Am Sonntag sendet ESPN einen seit Wochen in unzähligen Trailern beworbenen Spielfilm über Bob Knight, der auch heißer Kandidat für den Titel „Coach des Jahres“ ist. Vorsorglich warnt der Sender vor „intensiver, erwachsener Sprache“ und strahlt auf seinem zweiten Kanal parallel eine Version aus, in der die vielen Flüche mit Pieptönen überdeckt sind.

Schon zu Beginn stößt der Knight-Darsteller binnen drei Minuten 15-mal das Wort „Fuck“ aus. Trotz seines eklatanten Mangels an Umgangsformen ist Bobby Knight eine der populärsten Figuren des Collegesports geblieben. Wie kaum ein anderer verkörpert er den amerikanischen Mythos vom harten, manchmal brutalen, aber doch gerechten Coach, der ja eigentlich nur das Gute will und es am Ende auch erreicht, sodass die Geschundenen in ihrem weiteren Leben mit Dankbarkeit an ihn zurückdenken. Viele ehemalige Indiana-Spieler, die von Knight nach Zeugenaussagen physisch angegriffen worden waren, weigerten sich später, dies zu bestätigen.

Peitsche und Zuckerbot gehörten stets gleichermaßen zu den Methoden des Coaches, der oft gerade jenen Spielern, die er am liebsten zur Schnecke machte, bei anderer Gelegenheit versicherte, wie wichtig sie für sein Team wären. Was ihn nicht hinderte, zum Beispiel den jungen Charles Barkley kurz vor Olympia 1984 aus dem US-Team zu streichen, weil das übergewichtige Großmaul weder großen Respekt noch die gebührende Angst zeigte. Larry Bird brach seinen Aufenthalt auf der Universität von Indiana schon vor Semesterbeginn ab, weil dem sensiblen Jüngling die Atmosphäre in Knights Königreich missfiel. Bird führte dann ausgerechnet die regionale Konkurrenz von Indiana State ins College-Finale.

Ende März wird auch die eigene Version des Basketball-Wüterichs auf den Markt kommen: „Knight: My Story“. Zur Promotion des Buches kehrt der Täter sogar nach Bloomington zurück, um eine Signierstunde abzuhalten. Wegen des erwarteten Andrangs hat er bereits wissen lassen, dass er keine persönlichen Widmungen schreiben und keine Devotionalien signieren werde. Manch einem wäre es vermutlich lieber, wenn er versprochen hätte, niemanden zu würgen. MATTI LIESKE