: Analog in's Netz gegangen
■ „net.art“: Die Galerie im Park zeigt Netzkunst – Beobachter werden zu Beobachteten
Niemand kann Netzkunst definieren, aber die Vermutung liegt nahe, dass Netzkunst im Netz stattfindet. Nicht so in der Galerie im Park auf dem Gelände des Zentralkrankenhauses. Dort haben die Berliner KünstlerInnen Christin Lahr und das Duo Blank&Jeron sogenannte „hybride“ Installationen entwickelt, was bedeutet, dass sie sich an den Schnittstellen zwischen realer und virtueller Welt befinden und von da aus an der multimedialen Oberfläche kratzen.
Bei Blank&Jeron lädt ein Podest mit bunten Knöpfen ein, Herr über eine Planierraupe en miniature zu werden. Die bewegt sich ferngesteuert über einen Haufen Zeitungen und Manuskripte und filmt den analogen Informationsmüll per Webcam. Die Bilder werden auf eine Leinwand projiziert und enthalten keine „wirklichen“ Informationen mehr. Zur Datenflut im Internet steuert die Installation „Dataflooder“ weitere unbrauchbare Daten bei.
Christin Lahr bezieht sich mit ihrer Arbeit „Tightrope-Walk“ auf die Räume der Galerie und deren Nähe zur Psychiatrie. Sie hat einen Raum im Raum entworfen, in den man von außen durch Türspione schielen kann. Innen sieht man nichts als einen schmalen Gang, ausgeleuchtet mit Neonröhren. Als erstes blickt man in dem klinisch anmutenden Ambiente in die Linse einer Webcam: Man schiebt sich durch die Enge im Bewusstsein, sowohl von der Kamera als auch durch den Türspion beobachtet zu werden.
Aber auch der äußere Galerieraum wird mit einer Webcam überwacht. Es ist die gesamte Versuchsanordnung, die via Webcam im Internet einzusehen ist: Der Beobachter wird zum Beobachteten.
Interaktivität spielt in diesen hybriden Installationen die zentrale Rolle. Von den anfänglichen Idealen der Netzkunst hat man sich jedoch verabschiedet. Statt Museen und Galerien zu umgehen und die Kunst im Netz zu demokratisieren, setzt man hier auf die Rezeptionsweisen des herkömmlichen Kunstbetriebs.
Christine Glenewinkel
Die Ausstellung „net.art“ läuft noch bis zum 14. April, mittwochs bis sonntags 15 bis 18 Uhr und donnerstags bis 20 Uhr in der Galerie im Park. Weitere Informationen natürlich auch unter: www.galerie-im-park.de
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