: Charité goes Bundeswehr
Verteidigungsministerium bietet Kooperation an: Bundeswehrkrankenhaus soll auf das Charitégelände ziehen. Privatisierung anvisiert, marodes Bettenhaus überflüssig
Im Poker um die Zukunft der Universitätsmedizin hat die Charité ein Ass ausgespielt. Das Verteidigungsministerium habe der Charité ein offizielles Kooperationsangebot unterbreitet, verkündete Verwaltungsdirektor Bernhard Motzkus gestern stolz. Mit einer Zusammenarbeit zwischen dem Bundeswehrkrankenhaus, in dem sich auch jeder zivile Patient behandeln lassen kann, und der Uniklinik könne der Standort Mitte langfristig gesichert werden. Eine solche Zusammenarbeit ist schon lange im Gespräch.
Motzkus und Karl Demmer, Inspekteur des Sanitätsdiensts und damit oberster Mediziner der Bundeswehr, schwebt folgendes Modell vor: Ein privater Klinikkonzern soll auf dem Gelände in Mitte einen Neubau errichten, in den die Charité mit 200 und das Bundeswehrkrankenhaus mit 400 Betten einziehen. Die Krankenversorgung soll der Klinikkonzern übernehmen, Träger der Einrichtung wären Bundeswehr und Charité gemeinsam. Bei letzterer lägen auch die ärztliche Leitung der einzelnen Abteilungen sowie Lehre und Forschung. Einen Investor für ein solches Modell sei leicht zu finden, so Motzkus. Alle großen Klinikkonzerne seien sehr daran interessiert, sich mit einer Universitätsklinik zu schmücken.
Das marode Hochhaus mit derzeit 700 Betten wäre dann überflüssig. Dort könne ein privater Investor ein Hotel mit Kongresszentrum errichten, schlug Motzkus gestern erneut vor. Sparen würde das Land nur bei den Sanierungskosten, Einfluss auf die Zuschüsse für Forschung und Lehre hat eine solche Umstrukturierung nicht. Möglich ist aber auch, dass das Bettenhochhaus anstatt eines Neubaus für die Kooperation genutzt wird. Das letzte Wort liegt beim Senat.
Hintergrund der Zusammenarbeit sind zwei Dinge: Zum einen sucht die Bundeswehr für ihr sanierungsbedürftiges Krankenhaus dringend einen neuen Standort. Zum zweiten schwebt dem Charite-Verwaltungsdirektor seit langem eine Privatisierung des Standorts Mitte vor. Sein Argument: Die Einführung der neuen Fallpauschalen ziehe einen drastischen Bettenabbau in der Hochschulmedizin nach sich. Die Charité allein könne dann in Mitte keine Vollversorgung mehr gewährleisten. SAM
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