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Oben angekommen? Weiter lernen!

■ Zeitmanagement, Präsentieren, Stressbewältigung: Um die „gläserne Decke“ zu durchbrechen, gibt das Frauen-Kontaktstudium in Oldenburg Tipps für die Karriere

Was verbindet eine Maschinenbauingen-ieurin mit einer Sozialdezernentin oder einer Ärztin? Auf den ersten Blick nicht viel, außer dass sie alle Frauen in leitenden Positionen sind. Auf den zweiten Blick stellen sie fest, dass sie ähnliche Erfahrungen damit gemacht haben, sich in den höheren Etagen zwischen Männern zu behaupten.

„Wenn Frauen in reine Männerzirkel vorstoßen, sind sie erst mal ein Störfaktor“, sagt die Diplompädagogin Christiane Brokmann-Nooren. Schon zum driten Mal organisiert sie deshalb an der Universität Oldenburg ein Kontaktstudium für Frauen, die auf der Karriereleiter schon ein Stück geschafft haben. Denn auch erfolgreiche Frauen schlagen sich mit spezifischen Problemen herum: Die Selbsteinschätzung von Frauen fällt meist selbstkritischer aus als die von Männern. Von jeder Teilnehmerin wird eine kurze Video-Aufzeichnung gedreht. Danach sollen sie sagen, was sie gut gemacht haben. „Den meisten fällt nichts ein“, hat Brokmann-Nooren beobachetet, „zu kritisieren haben die Frauen an sich selbst aber immer etwas.“

Bewerbungsgespräche zu leiten, oder – auf der anderen Seite des Schreibtischs – Gehaltsforderungen durchzusetzen, lernen die Frauen in berufsbegleitenden Blockseminaren genauso, wie Stressbewältigung oder Zeitmanagement. „Das beste Zeitmanagement nützt aber nichts, wenn sich Erfolg über die lange Anwesenheit im Büro definiert“, stellt Brokmann-Nooren klar. Der Trend gehe zur Sechzig-Stunden-Woche für Führungspositionen. „Da muss man es verdammt gut verkaufen können, dass man auch mit weniger Arbeitszeit genauso erfolgreich sein kann.“

Viele Missverständnisse führt die Pädagogin auf Unterschiede in der Körpersprache von Frauen und Männern zurück: „Eine Frau nickt in einem Gespräch viel häufiger, weil sie damit signalisiert, dass sie aufmerksam ist.“ Ein Mann dagegen nur, wenn er wirklich einverstanden ist. „So kann es passieren, dass ein Mann überhaupt nicht versteht, warum seine Bitte abgelehnt wird: Die Vorgesetzte hat doch die ganze Zeit genickt!“ Durch solche Themen unterscheide sich das Kontaktstudium von anderen Weiterbildungsanbietern, sagt Mitorganisatorin Urte Brunken. Auch die Dauer von 14 Monaten, in denen die Frauen in der immer gleichen Lerngruppe miteinander arbeiten, sei ungewöhnlich. Mit einem Preis von knapp 3.000 Euro für über ein Jahr liegt die Weiterbildung zwar weit unter denen anderer Anbieter, die für ein Wochenend-Seminar für Führungskräfte schon mal 900 Euro verlangen. Allerdings müssen die meisten Teilnehmerinnen die Summe selbst aufbringen, da viele Arbeitgeber die Weiterbildung nicht für voll nehmen. „Das sind ja nur Psychotanten, heißt es dann oft“, so Kursleiterin Brokmann-Nooren. Dabei ist sie überzeugt: „Die meisten gehen hier mit viel mehr Biss raus.“

Ulrike Bendrat

Das dritte Frauen-Kontaktstudium beginnt am 26. April. Informationen unter Tel.: 0441-798 28 50.

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