: Unentgeltlich fleißig
betr.: „Ohne Einkommen, aber mit Job“ (Für eine Aufwertung der unbezahlten Arbeit von Erwerbslosen), taz vom 19. 3. 02
Eine öffentliche Anerkennung der Arbeit, die ich als Erwerbslose ehrenamtlich und unentgeltlich leiste, wäre eigentlich längst fällig. Als alleinerziehende Mutter von drei Kindern hatte ich mich mit 36 Jahren noch einmal auf den Weg gemacht, die Fachoberschulreife nachgeholt und Sozialpädagogik studiert. Ich war stolz auf meine sehr guten Abschlüsse und davon überzeugt, nach so viel Anstrengung auch die passende Stelle zu finden. Aber schon nach kurzer Zeit wurde mir klar, dass ich ohne therapeutische Zusatzqualifikation keine Chance haben würde. Das Arbeitsamt finanzierte eine einjährige Fortbildung, und ich musste weite Fahrten in Kauf nehmen, um sie absolvieren zu können.
Wieder ein Abschluss mit besten Noten. Trotz großer Anstrengung, einschließlich des Versuches, ein eigenes soziales Projekt auf die Beine zu stellen, bekam ich jedoch nur kurzfristige Vertretungsstellen und eine BSHG-§-19-Stelle durch das Sozialamt, die aber nach einem Jahr ohne Verlängerungsmöglichkeit auslief. Wo früher drei Menschen für eine Aufgabe eingestellt wurden, muss diese Arbeit heute von einer Person geleistet werden.
[…] Diese Nackenschläge habe ich immer wieder als Chance genutzt, um mich zu engagieren, an mir selbst zu arbeiten, authentischer zu werden und mehr und mehr Frieden in mein Leben und meine Umgebung zu bringen. Ich habe mit einfachen Mitteln einen Raum zum Meditieren eingerichtet, kümmere mich in spiritueller Weise mit anderen gemeinsam um das Wohl unserer Erde, engagiere mich für fairen Handel und Kulturaustausch mit der so genannten Dritten Welt. Ganz davon abgesehen, bin ich der Stützbalken für meine große Familie. […] Wenn meine Arbeit durch eine faire Grundsicherung anerkannt würde, hätte ich das Gefühl, dass sie gewürdigt würde und könnte zufrieden leben.
MARGARETHE LASSAK, Göttingen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen