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Goldgräber auf dem Jobmarkt

■ Ab sofort gibt's Bares für die Vermittlung von Arbeitslosen. Auch die staatlich geförderten Beschäftigungsträger wollen ein Stück vom Kuchen

Wer jetzt arbeitslos ist, hat zwei Möglichkeiten: Entweder er besorgt sich Gutscheine, mit denen er sich nach dem Vermittlungsskandal der Bundesanstalt für Arbeit an private Vermittler wenden kann – oder er macht selbst ein Vermittlungsbüro auf. Das nämlich ist seit neuestem für jedermann/jederfrau möglich.

Gewerbe anmelden, Büro mieten, Schild an die Tür: „Vermittlungsagentur“. Eine sogenannte Zertifizierung, also die Festlegung von Qualitätskriterien, soll es zwar irgendwann geben, nach Informationen des Bundesarbeitsministeriums könnte das allerdings noch ein oder zwei Jahre dauern.

Bis dahin herrscht Goldgräberstimmung auf dem Arbeits(losen)markt. 1.500 Euro gibt's für die erfolgreiche Vermittlung von jemandem, der zuvor drei Monate arbeitslos war, 2.000 nach mehr als sechs Monaten, 2.500 nach mehr als neun Monaten Arbeitslosigkeit. „Erst mal muss man prüfen, ob sich das wirklich rechnet“, meint eher skeptisch Uwe Lange, Chef der BRAS. Der Beschäftigungsträger, der für Arbeitslose zahlreiche Möglichkeiten bereithält, sich zu qualifizieren oder in einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme wieder ins Berufsleben einzusteigen, hat auch mit der Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt Erfahrung gesammelt.

Auch wenn die Wogen um die Arbeitsmarktpolitik zur Zeit besonders hoch schlagen: Schon lange wird in den zweiten, mit öffentlichen Mitteln geförderten Arbeitsmarkt immer weniger Geld gesteckt. Ziel ist vielmehr, den Kontakt zum ersten Arbeitsmarkt herzustellen. Die BRAS hat dafür im vergangenen Jahr drei Stellen eingerichtet. „Wir sind im Vorteil gegenüber anderen, privaten Dienstleistern“, sagt Lange, „weil wir unsere Leute aus den Maßnahmen gut kennen“. Ähnlich wie auch die hochgelobte holländische Vermittlungsagentur „maatwerk“, die unter anderem in Hamburg Sozialhilfeempfänger in den ersten Arbeitsmarkt integriert, ist es den Beschäftigungsträgern möglich, ein recht genaues Bild von den Stärken und Schwächen eines Arbeitssuchenden zu entwickeln und nach passgenauen Arbeitsplätzen zu fahnden. „Wir haben überlegt, ob wir bei den Gutscheinen mitmischen, und wir haben uns dafür entschieden“, berichtet Lange, der für die Vermittlungs-Abteilung der BRAS am vergangenen Freitag den Gewerbeschein beantragt hat. Ab sofort muss sich das Büro in der Fin-dorffer Admiralstraße verhalten wie eine private Agentur – und sich demnach auch aus den ,Kopfprämien' finanzieren.

Im vergangenen Jahr hat die BRAS 90 Leute in eine reguläre Stelle vermittelt – von anfangs 150 Klienten der Vermittlungsabteilung. „Das heißt also, wir brauchen für 50 Leute eine Vermittlerstelle“, wolle die Agentur keine Schnellschüsse produzieren, rechnet Lange vor. Schnellschuss, das heißt: Arbeitslose würden in Jobs vermittelt, die ihren Fähigkeiten nicht entsprächen, bei denen sie schon nach kurzer Zeit wieder die Segel streichen würden.

Ob die privaten Dienstleister, die jetzt bald den neuen Markt erstürmen dürften, ähnlich sorgfältig vorgehen, wird sich zeigen. hey

Vermittlungsagentur der BRAS in der Admiralstr 23, Telefon 37 81 910.

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