: Politik gegen Armut nicht mehrheitsfähig
Bettler raus aus der City – in Wohnungen: Eine ökumenische Diskussion ■ Von Gernot Knödler
Es ist möglich, zumindest die meisten Obdachlosesn von der Straße zu holen – man muss es nur wollen. Das war das Fazit einer ökumenischen Podiumsdiskussion in der Evangelischen Akademie zur Frage „Bettler raus aus der City: Wie viel sichtbare Armut verträgt Hamburg?“ Während sich in der City die große Demonstration gegen Sozialabbau ihrem Ende neigte, gab Caritasdirektor Norbert Keßler die schlichte Antwort: „Es ist in Hamburg nicht mehrheitsfähig, Politik gegen die Armut zu machen.“
Schlimmer noch: Wie die Debatte zeigte, ist es auch unter der Ägide der SPD nicht gelungen, Politik gegen die Wohnungslosigkeit zu machen. Hinz & Kunzt-Chefredakteurin Birgit Müller wies darauf hin, dass die Bezirksstellen zur Wohnraumsicherung „seit Jahren drastisch unterbesetzt“ seien. City-Manager Henning Albers stellte die von der Stadt erhobene Zahl von 1200 Obdachlosen den angeblich 2800 Schlafplätzen gegenüber und fragte sich laut, warum es unter dieser Voraussetzung der Caritas so oft nicht gelinge, Menschen eine Unterkunft zu verschaffen.
Albers vertritt als City-Manager rund 450 der insgesamt 1300 Kaufleute innerhalb des Wallrings. Mit den Kirchen und Hilfseinrichtungen ist er sich in zentralen Punkten darüber einig, wie den Obdachlosen geholfen werden könnte. Der Runde Tisch St. Jacobi, an dem sie alle vertreten sind, hat sie formuliert: Der Wohnungslosigkeit muss vorgebeugt werden; Betreuung und Beratung gehen vor Versorgung; es müssen ausreichend annahmefähige Schlafplätze bereitgestellt werden, und Menschen, die in Wohnungen vermittelt wurden, müssen weiter betreut werden.
Birgit Müller versucht Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) zurzeit klar zu machen, dass sie Geld sparen kann, wenn sie Obdachlose mit Wohnungen versorgt, statt sie notdürftig in Unterkünften unterzubringen. Auch Keßler zufolge gibt es zu wenige Wohnungen für diese Menschen. Saga und GWG hätten offenbar wenig Inte-resse, sich auf diesem Feld zu engagieren. „Wohnungen für Obdachlose ist ein Punkt, den wir am härtes-ten vertreten werden“, kündigte Albers an.
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