Ozzys Familiensinn

Die Reality-Sitcom „Die Osbournes“ erfreut nach George Bush nun auch deutsche MTV-Zuschauer (heute 11.30 Uhr, Sa., 22.00 Uhr, Di., 19.00 Uhr)

von CHRISTIAN BUSS

George Bush soll begeistert sein. Nachdem der amerikanische Präsident eine Folge der Reality-Sitcom „Die Osbournes“ gesehen hatte, lud er die Eheleute Ozzy und Sharon zu einem Essen ins Weiße Haus ein.

Sechs Millionen Zuschauer sind regelmäßig dabei, wenn Ozzy Osbourne unerwartete Tugenden als Vater aufweist. Früher biss der Heavy-Metal-Veteran auf der Bühne schon mal eine Taube tot, heute ermahnt er seine beiden halbwüchsigen Kinder Jack und Kelly vor dem Discobesuch, keine Drogen zu nehmen und beim Sex Kondome benutzen.

Die Lehrbuchpädagogik aus dem Munde des Antichrist kommt gut an. Inzwischen ist die Sendung derart beliebt, dass der Musiker öffentlich über eine Gage von 10 Millionen für eine zweite Staffel nachdenken darf.

Der Erfolg der MTV-Produktion liegt in einem Paradoxon: Der in die Jahre gekommene Teufelsanbeter hat in gut drei Dekaden ja so ziemlich jedes Tabu gebrochen, das man sich vorstellen kann, die Familie indes ist für ihn ein heiliges Refugium – in das man allerdings gegen entsprechende Bezahlung zwölf ständig laufende Kameras stellen kann.

Cosby meets Addams

Für zweifelnde Eltern ist Ozzy Osbourne eine wunderbare Bestätigung: Wenn so einer seine Kinder großbekommt, können die das schon lange. So gesehen taugt die Serie, eine Mixtur aus „The Cosby Show“ und „Addams Family“, als Familienpropaganda. Da verwundert es nicht, dass der Anteil der über 35-jährigen Zuschauer so hoch ist wie bei keiner anderen MTV-Sendung.

Das Eigenheim in Beverly Hills ist vielleicht etwas größer geraten als bei der Norm, aber genauso geschmacklos voll gestellt. Zwischen Eifelturm-Modellen, lindgrünen Sofakissen und allerhand satanischem Nippes liegt Dad nach seinem auslaugenden Job als Hardrock-Legende auf der Fernsehcouch und guckt mit dem Sohnemann Dokumentationen über die Luftschlachten des Zweiten Weltkriegs. Dann packt Osbourne, dessen Bewegungen ganz fahrig geworden sind von all den Psychopharmaka, eine alte Flinte aus und bittet den Spross, ein Bajonett draufzuschrauben. Ein wahnsinniger Moment – als habe der Regisseur John Waters eine Szene aus dem Wehrsport-Opus „Der Patriot“ mit Mel Gibson für eine seiner grotesken Familienhymnen neu verfilmt.

Der Filius selbst wird in der Nacht noch mit paramilitärischem Outfit durch den Garten rennen. Mom seufzt und zeigt Verständnis: Er sei halt nicht wie all die anderen Teenager. So wird in diesem Sippengemälde mit leichter Hand herausgearbeitet, was jede Familie bei näherer Betrachtung sein muss: eine Ansammlung von Freaks. Nur dass sich die Osbournes dafür überhaupt nicht schämen. Sie kassieren lieber ab.