: Berlin schiebt ab
Innensenator Körting (SPD) lässt einen Tschetschenen nach Russland ausweisen. Trotz Abschiebestopp
Der Tschetschene Tamerlan Orzuew ist in der Nacht zu Donnerstag nach Russland abgeschoben worden. Gegen 1 Uhr morgens startete das Flugzeug am Flughafen Schönefeld mit einem der beiden abgelehnten tschetschenischen Asylbewerber nach Moskau. Anfang April waren der 26-jährige Orzuew und der 20-jährige Rustam Alimanchow verhaftet und dann in Abschiebehaft gebracht worden. Nach Protesten vor ihrer Behörde hatte die Innenverwaltung einen ersten Abschiebetermin zunächst ausgesetzt.
„Das ist eine Katastrophe“, empörte sich Volker Ratzmann, rechtspolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen am Donnerstag, „von liberaler Flüchtllingspolitik sehe ich keine Spur.“ Die Abschiebung von Orzuew kam für Ratzmann völlig unerwartet. Erst am Donnerstagabend erfuhr er von dem kurz bevorstehenden Termin. Zwar sei die Abschiebung rechtlich korrekt, so Ratzmann, doch hätten die Abgeordneten im Innenausschuss einen Abschiebestopp für Orzuew bis zum 13. Mai vereinbart. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sicherte zu, bis zu diesem Termin keine weiteren Schritte einzuleiten. Die beiden Asylbewerber beendeten daraufhin ihren einwöchigen Hungerstreik.
Die vereinbarte Frist sollte den Abgeordneten dazu dienen, sich über die Situation tschetschenischer Staatsangehöriger in Russland zu informieren. In der Russischen Föderation sind Tschetschenen laut amnesty international und einem Uno-Bericht akut bedroht. Das Auswärtige Amt veröffentlicht in der nächsten Woche einen neuen Bericht zur derzeitigen Situation von Tschetschenen in Russland.
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