: hintergrund
Protestformen in China
In der Volksrepublik hat sich wieder eine weit verbreitete Protestkultur entwickelt – von Petitionen über Demonstrationen vor Rathäusern und Blockaden von Autobahnen und Eisenbahnstrecken bis hin zur kollektiven Geiselnahme korrupter Beamter oder krimineller Firmenchefs. Die meisten Proteste sind friedlich. Die Demonstranten begreifen ihre Aktionen nicht als politische Meinungsäußerung, sondern als spontane Verzweiflungstat gegen selbst erfahrenes Unrecht.
Die Behörden haben gelernt, flexibel zu reagieren. Mit großer Härte wird weiter gegen Proteste vorgegangen, die das Machtmonopol der Kommunistischen Partei direkt herausfordern oder die auf dem symbolisch wichigen Tiananmen-Platz in Peking stattfinden. Tabu sind Demonstrationen für ein Mehrparteiensystem, für freie Wahlen oder die Unabhängigkeit Tibets oder Xinjiangs, von Dissidenten oder der Falun-Gong-Sekte.
Zunächst geduldet werden Kundgebungen von Arbeitslosen, von betrogenen Anlegern oder Bauern, wenden diese sich friedlich und eher unterwürfig an übergeordnete Stellen. Nicht selten versuchen die Behörden zu verhandeln. Während Arbeiterführer ständig mit ihrer Verhaftung rechnen müssen, versucht die Partei über Arbeitseinheiten, Straßenkomitees, Parteizellen und die offizielle Gewerkschaft Familienangehörige der Demonstranten unter Druck zu setzen, um Proteste möglichst im Keim zu ersticken. Die Polizei wurde in den letzten Jahren so umgerüstet, dass sie Demonstrationen auch ohne Schusswaffeneinsatz gewaltsam auflösen kann. HAN
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