: Brüder zur Sonne, zur Pleite
■ Management und Hausbank ruinieren eine Emder Fabrik. Jetzt werden die Arbeiter die Zeche zahlen, wenn sie nicht gegen den Betriebsrat aufmucken
Die Ostfriesische Maschinenbau Aktien Gesellschaft (OMAG) in Emden war bis Mitte letzten Jahres eine Stütze der regionalen Wirtschaft. Dann kam heraus, dass das Management die Firma mit eklatanten Planungsfehlern gegen die Wand gesetzt hatte.
Mit 250 Mitarbeitern ist die Emder OMAG bislang eine sichere Bank, zumal sie, unabhängig von den alles dominierenden VW-Werken, einen eigenständigen, expandierenden Wirtschaftszweig etablierte. Die OMAG exportiert ihre Fertigungsanlagen für Betonsteine in die ganze Welt: China, Iran, Arabien und Europa, überall wurden Betonsteine mit Emder Maschinen gefertigt. Wegen Management-Fehlern droht jetzt die Pleite. „Wir haben zu viel und zu schnell neue Fabrikate produziert, die schlecht auf dem Markt präsentiert wurden“, versucht ein Arbeiter der taz das Dilemma zu beschreiben. Ergebnis: Der Aufsichtsrat schasste den Geschäftsführer, der Vorsitzende trat zurück, und der Belegschaft flatterte ein Brief auf die Werkbank, der sie zu empfindlichen Verzichten auffordert.
Hauptanteilseigner der OMAG ist die Oldenburgische Landesbank. Ihr Vertreter war bis vor kurzem auch Aufsichtratsvorsitzender. Im Zuge der OMAG-Krise wurde er ersetzt. Mit einem kurzfristigen Kredit könnte die OLB der OMAG unter die Arme greifen. Tut sie aber nicht. Sie wartet die Sanierungsverhandlungen ab. An einem entsprechenden Konzept arbeiten vier Parteien: Die Geschäftsführung, der Betriebsrat mit der IG Metall, die OLB und Altaktionäre, sowie Stadt und Land. Der OLB wäre genehm, wenn Stadt und Land Bürgschaften für neue Kredite übernähmen. Über ein mögliches Eigenverschulden mangels ausgeübter Kontrolle über die vorige Geschäftsführung schweigt sich die Bank aus. „Wir können zur Situation eines unserer Kunden leider keine Stellung nehmen“, erklärt ein OLB-Sprecher gegenüber der taz. Auch über die Abberufung des OMAG-Aufsichtsratsvorsitzenden von der OLB will die Bank lieber nicht reden.
Dagegen ist der Belegschaft sehr deutlich gemacht worden, was die Bosse von ihr verlangen: Mit einem Brief an die Arbeitnehmer hat die Geschäftsführung von den Mitarbeitern die Zustimmung zu einschneidenden Maßnahmen gefordert: Mehr Arbeit für weniger Lohn, Verzicht auf Zulagen, 38,5 Wochenstunden, unentgeltliche Zusatzarbeit. Der Betriebsrat unterstützte die Aktion der Unternehmensleitung ohne Zusagen für einen überbrückenden Bankkredit durch die OLB. Die OMAG, selbst nicht im Arbeitgeberverband und deshalb nicht zur Übernahme des Flächentarifvertrages verpflichtet, hatte bislang die auf Bundesebene ausgehandelten Verträge als Haustarifvertrag übernommen. Jetzt, da die IG Metall für 6,5 Prozent mehr Lohn und weitere Arbeitszeitverkürzungen streitet, sollten die Emder Kollegen das Nachsehen haben und klammheimlich zurückstecken? „Der Erhalt der Arbeitsplätze hat für uns absoluten Vorrang. Aber die Emder Kollegen werden nach den Sanierungsverhandlungen nicht schlechter dastehen als ihre Kollegen. Der Brief der Geschäftsleitung ist gegenstandslos“, verspricht der an den Sanierungsverhandlungen beteiligte Emder IG Metall Funktionär Wilfried Albers.
Seine Worte beeindrucken den neuen Geschäftsführer der OMAG, Arno Krautweid, nicht:“ Am 6. Mai ist die Nacht der langen Messer. Da sitzen alle an der Sanierung Interessierten an einem Tisch. Wenn eine Partei den Sanierungsplan nicht akzeptiert, wird eben nicht saniert.“ Punkt aus. Die OMAG wäre dann in schlechter Gesellschaft. Im letzten Jahr mussten im entsprechenden Bezirk der Industrie- und Handelskammer 185 Firmen Konkurs anmelden. Für Ostfriesland wäre ein Aus der OMAG ein herber Verlust. Bei einer durchschnittlichen Arbeitslosigkeit von fast 18 Prozent der Bevölkerung klammert man sich hier an jede Werkbank.
Thomas Schumacher
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