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Leider kein Einzelfall

betr.: „Empörung über Ämter im Fall Peggy“, taz vom 10. 5. 02, „Doch Kindergeld für Peggys Mutter“, taz vom 11. 5. 02

Im Fall der vermissten Peggy regen sich die Eltern und mit ihnen die Medien zu Recht darüber auf, dass das Kindergeld zurückgefordert wird. Leider ist das kein Einzelfall:

Auch wenn ein Kind durch einen Elternteil ins Ausland entführt wird, ist die effektivste Handlung der deutschen Behörden oft, dass Leistungen eingestellt werden: das Kindergeld fällt weg. Der Ortszuschlag wird abgeändert. Und oft ändert sich auch die Steuerklasse des Elternteils, der/die ohne Kind zurückbleibt. Unterm Strich bleibt weniger Geld. Das wird von den Betroffenen als doppelt ungerecht empfunden. Erstens machen sie häufig die Erfahrung, dass die deutschen Behörden auf Kindesentführung unangemessen reagieren: zu langsam oder an der Wirklichkeit vorbei (wenn das Jugendamt vier Wochen nach der Kindesentführung in die USA den Vater erst mal zum gütlichen Gespräch gemeinsam mit der Mutter bestellt); ohne jede Sensibilität („Da hätten Sie eben besser aufpassen müssen!“); und manche Institution glänzt durch Nichtstun (wenn z. B. die Staatsanwaltschaft der Mutter eines entführten Kindes mitteilt, das Verfahren gegen den Entführer werde eingestellt, da sich der Täter im Ausland befindet). Aber Gelder streichen oder das entführte Kind amtlich abmelden, das kann die Bürokratie!

Zweitens verursacht auch ein entführtes oder vermisstes Kind Kosten. Da sind Anwälte zu bezahlen oder auch teure Privatdetektive, und die Telefonkosten erhöhen sich rasant. Und schließlich entstehen Reisekosten, wenn sich Eltern selbst auf die Suche nach dem verlorenen Kind machen. Für diese Sonderfälle muss eine Kindergeld-Regelung her, die nicht nur den Schmerz der Eltern respektiert, sondern auch die de facto entstandenen Kosten berücksichtigt. […] RUTH WEISSMÜLLER,

Forum Mütter entführter Kinder, St. Ingbert

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