: Historische Rede
Ex-US-Präsident Carter fordert in Havanna ein Ende des US-Embargos und demokratische Freiheiten auf Kuba
BERLIN taz ■ Es war der Höhepunkt seines Besuches: In einer vom kubanischen Radio und Fernsehen live übertragenen Rede in der großen Aula der Universität von Havanna hat Ex-US-Präsident Jimmy Carter am Dienstagabend ein Ende des US-amerikanischen Embargos gegen die kommunistisch regierte Insel gefordert. „Ich hoffe“, sagte Carter, „dass der Kongress der Vereinigten Staaten bald handeln wird, um Reisen ohne Einschränkungen zwischen Kuba und den USA zu erlauben, offene Handelsbeziehungen zu schaffen und das Embargo aufzuheben.“ Die USA müssten den ersten Schritt tun.
Doch nicht alle Teile der Rede dürften Fidel Castro so gut gefallen haben. Carter lobte zwar ausdrücklich die Errungenschaften Kubas in den Bereichen Gesundheit und Bildung, ergänzte jedoch, dass zur Demokratie auch „das Recht aller Menschen gehört, ihre Führer selbst zu wählen; das Recht aller Menschen, sich ohne Einmischungen und Strafen von Seiten der Regierung frei zu äußern; das Recht, Oppositionsparteien zu organisieren und sich gegen die jeweils amtierende Regierung zu stellen. Es ist diese Art von Rechten, die auf Kuba nicht existiert, obwohl die Verfassung sie eigentlich garantiert.“ Kubas Regierungschef Fidel Castro verfolgte die gesamte 20-minütige Rede interessiert. Carter ließ es sich auch nicht nehmen, das „Projecto Varela“ zu erwähnen, eine Referendumsinitiative einer christlichen Bewegung, die am vergangenen Freitag rund 11.000 Unterschriften an Kubas Nationalversammlung übergeben hatte, mit denen eine Volksabstimmung über Meinungs- und Organisationsfreiheit, politische Gefangene, Privatwirtschaft und demokratische Wahlen gefordert wird. Er freue sich, dass die Verfassung solche Petitionen vorsehe, sagte Carter. „Wenn die Kubaner dieses Recht ausüben, um ihre Gesetze auf friedliche Weise in direkter Abstimmung zu verändern, dann wird die Welt sehen, wie es die Kubaner sind, und nicht die Ausländer, die über die Zukunft des Landes entscheiden.“
In den USA stieß Carters Rede auf ein geteiltes Echo. Während der Vorsitzende der exilkubanischen Cuban American National Foundation, Jorge Mas Santos, Carters Rede „wertvoll“ fand und der Chef der extrem anticastristischen Hermanos al Rescate, José Basulto, sie als „außerordentlich“ bezeichnete, nannte der republikanische Kongressabgeordnete Lincoln Díaz-Balart die Forderung Carters nach einer Normalisierung der US-amerikanisch-kubanischen Beziehungen schlicht „Müll“. BERND PICKERT
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