: Hätten sie‘s gewusst ...
Wissen ist Macht, doch wenn Erfahrungen, Fachkenntnisse oder Kontakte nicht untereinander ausgetauscht werden, geht das zu Lasten von Wettbewerbsfähigkeit und Betriebsklima
von HELENE BUBROWSKI
Bei der Renovierung der Londoner U-Bahn standen die Architekten plötzlich vor einem Problem: Bahnpfeiler waren die Ursache. Keiner wusste: Müssen wir die jetzt mit renovieren oder können wir sie auch abreißen? Sind sie unersetzliche Stützen oder lediglich ästhetisches Beiwerk? Und niemand konnte darüber Aufschluss geben. Ähnlich ist die Situation, wenn ein Hausmeister seinen Arbeitsplatz verlässt. Der Neue muss viel Zeit, Geduld und Energie aufwenden, um sich einzuarbeiten. Nur sein Vorgänger weiß, wo die versteckten Schwachstellen und die kleinen Knöpfe für den Notfall sind.
In beiden Fällen geht Wissen verloren. Es mangelt an der Dokumentation, am Festhalten von Erfahrungen und Fachkenntnissen. Dieses Problem taucht in jeder Branche auf. Und geht auf Kosten der Wettbewerbsfähigkeit des Betriebes, denn nur verfügbares, explizites Wissen kann letztlich genutzt werden.
Doch an einem wahren „Wissensklima“ hapere es allzu oft, sagt Caroline Baumgärtner. Teamarbeit stehe zwar in allen Unternehmenscredos, doch in der Praxis sei die Vernetzung des Know-hows unter Mitarbeitern selten, erklärt die Mitarbeiterin von „Carpe Diem!“, dem Hamburger „Institut für Management und Kommunikation“. Werde Wissensmanagement hingegen gefördert, profitierten Arbeitnehmer wie Arbeitgeber gleichermaßen. „Die Fähigkeit, sein Wissen zu teilen“ ist deshalb Thema des Vortrags, den die diplomierte Sozialwirtin am Tag der Weiterbildung an der HWP hält (siehe Kasten).
Denn das kostbare Gut wird nicht nur in den Ruhestand oder an einen neuen Arbeitsplatz überführt: Auch Kollegen mauern, wenn es um den Austausch von Informationen oder Erfahrungen geht. Vor allem aus Furcht um ihren Arbeitsplatz, weiß Baumgärtner. Gerade ältere Mitarbeiter hätten Angst, sich durch die Weitergabe ihrer über die Jahre erworbenen Kenntnisse überflüssig zu machen.
Da ist die Unternehmensleitung von zentraler Bedeutung. Gelingt es ihr, ein Klima zu schaffen, das von Offenheit, Transparenz und Vertrauen geprägt ist, hat sie damit auch den Grundstein für ein gut funktionierendes Intra-Netz gelegt. Feuert sie hingegen ältere Mitarbeiter am laufenden Band, muss sich niemand wundern, dass sich die Über-40-Jährigen verzweifelt an ihr Spezialgebiet klammern.
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