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Kein Strom bei Windstille

betr.: „Ein bisschen so wie früher“ (Windkraftboom und Offshore-Parks in der Nordsee), taz vom 30. 5. 02

In dem Artikel von Nick Reimer wird eine Zahl von 75.000 Menschen genannt, die in der Windkraftbranche beschäftigt seien. Woher stammt diese Zahl und wie setzt sie sich zusammen? Noch im Januar 2002 brachte Bundesumweltminister Trittin selbst nur die Zahl von 35.000 Arbeitsplätzen in der Windindustrie und konnte sie bei Nachfragen nicht näher belegen, sondern verwies auf „externe Schätzungen von Fachleuten“. Da es keine Masseneinstellungen in der Windbranche gab, kann es auch keine großen Zuwächse gegeben haben. Gegenschätzungen kommen oft nicht einmal über etwa 14.000 echte Jobs in der Windbranche.

Zudem wird vor lauter Offshore-Fieber völlig vergessen, dass es sich hierbei um technisches Neuland handelt und keine vergleichbaren Anlagen weltweit existieren. Die in der Nordsee auftretenden Naturkräfte sind ein Grenzfall für die verwendeten Werkstoffe und Konzepte. 300–400 Tonnen Ruhelast schwere Gondeln (Maschinenhäuser) auf der Spitze eines vom Meeresgrund an 140–200 Meter hohen, dünnwandigen und immerschwankenden Hohlturms sind sehr instabile Gebilde. Schon auf dem Land sind wesentlich kleinere Windräder umgefallen.

Außerdem hinkt jeder Vergleich der Leistung von Windkraftanlagen mit konventionellen Kraftwerken, also auch Atomkraftwerken. Ihre theoretische Nennleistung erreichen WKAs nur kurzzeitig bei sehr starkem Wind, kurz vor einer Stärke, ab der sie aus Sicherheitsgründen wegen Beschädigungsgefahr sogar komplett abgeschaltet werden müssen.

Wo aber kommt dann bei Windstille und Schwachwind der Ökostrom her, der den deutschen Atom- und Kohlestrom ersetzen soll? Etwa per europaweiten Stromverbund aus der Ukraine, womöglich von den Tschernobyl-Reaktorbrüdern, von denen wir schon derzeit ausgerechnet unter einer rot-grünen Bundesregierung so viel „grauen, schmutzigen Atomstrom“ beziehen, wie niemals zuvor unter Helmut Kohl? WERNER EISENKOPF, Runkel

Die Redaktion behält sich den Abdruck sowie das Kürzen von Briefen vor. Die erscheinenden LeserInnenbriefe geben nicht notwendigerweise die Meinung der taz wieder.

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