: Vertrauen ist nicht alles, Kontrollen sind erwünscht
Nach dem Nitrofen-Skandal setzen Öko-Händler auf mehr Transparenz und bessere Kontrollen. Methode differiert nach Größe
Ein bisschen ist die Situation wie bei BSE: Helle Aufregung über vergiftete Lebensmittel – nur eben Krebs erzeugend statt hirnzersetzend – und die Frage nach möglichen Fehlern im System. Kein Wunder, dass die Antwort der ökologischen Anbauverbände und Händler auf den Nitrofen-Skandal ähnlich aussieht: Mehr und bessere Kontrollen, deren Ergebnisse den Kunden mitgeteilt werden, sowie eine transparente Darstellung der Lieferbeziehungen sollen einem Vertrauensverlust entgegenwirken.
Klassische Ökoläden, wie Schwarzbrot in der Rutschbahn, der für sich in Anspruch nimmt der älteste noch existierende Bioladen Deutschlands zu sein, setzen dabei auf persönlichen Kontakt – sowohl zu ihren Kunden als auch zu ihren Lieferanten. Mitinhaberin Birte Gobrecht vertraut auf „Authentizität“. Sie könne es ihren Lieferanten abnehmen, dass diese es ernst meinen mit ihrem Engagement für eine umweltverträgliche Landwirtschaft.
Gobrecht freut sich, wenn sie feststellt, dass sie mit ihren Geschäftspartnern gemeinsamte Wertmaßstäbe teilt: Als sie zum Beispiel ihren Milchlieferanten wechseln wollte, weil sie mit der gelieferten Qualität nicht zufrieden war, hätte sie auch gerne das Fleisch von einer anderen Firma bezogen. Und siehe da: Ihr Schlachter war schon von selbst auf den gleichen Trichter gekommen. Der weiteren Zusammenarbeit stand nichts im Wege, ohne dass es erst zu Problemen gekommen wäre.
Thomas Hinz, der Hamburgs ersten Bio-Discounter betreibt, will dahinter nicht zurückstehen. „Ich kenne auch meine Lieferanten“, behauptet er. Lediglich die Vermittlung dieses Wissens an die Kundschaft funktioniert bei ihm anders. Während Gobrecht ihren Kunden im persönlichen Gespräch erklären kann, „warum die Zitrone 1,50 statt einen Euro kostet“, schafft Hinz medial Transparenz: „Ich hab‘ ‘ne Litfaßsäule bestellt.“
Er sei froh über jede Kontrolle vom Ordnungsamt, sagt der Discounter, und findet, es müsse noch mehr und unangekündigte Kontrollen geben. „Ich lasse mir jetzt regelmäßig Analyseberichte vorlegen“, kündigt er an. Die kommen dann an die Säule. Wobei vorausgesetzt ist, dass die Öko-Betriebe jetzt schon strengeren Kriterien genügen müssen als die konventionelle Landwirtschaft und besonders kontrolliert werden. Der Nitrofen-Skandal kam ja durch die besonderen Kontrollen bei einem Öko-Produzenten erst ans Licht.
Naturland-Geschäftsführer Gerald Herrmann glaubt, dass ein Wandel der Produktions- und Vertriebsstruktur von Biowaren unumgänglich ist, wenn das Ziel „20 Prozent ökologischer Landbau“ angepeilt werde. „Die unterschiedlich großen Betriebe bedienen unterschiedliche Märkte“, sagt er. Aber mit Bio-Discountern, echten Niedrigpreis-Läden, will er sich nicht anfreunden: Unter diesem Preisdruck könnten die ökologischen und strukturellen Ziele des Ökologischen Landbaus nicht verfolgt werden. GERNOT KNÖDLER
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen