Rapport verbindlich

Mit einem neuen Gesetz verpflichtet die französische Regierung börsennotierte Unternehmen, Daten zu den ökologischen und sozialen Auswirkungen ihrer Unternehmenstätigkeit zu veröffentlichen

In Frankreich müssen Aktiengesellschaften künftig in ihren Geschäftsberichten auch soziale und umweltbezogene Unternehmensdaten veröffentlichen. Seit Februar dieses Jahres ist ein entsprechendes Gesetz in Kraft. Es verpflichtet die Firmen, in die jährliche Berichterstattung Informationen über die Auswirkungen der Geschäftstätigkeit auf die natürliche Umwelt, den Umgang mit Mitarbeitern, das gesellschaftliche Engagement und die Arbeitsbedingungen an allen Unternehmensstandorten zu integrieren. Die Veröffentlichungspflicht gilt für die Angaben des Jahres 2002, so dass Anfang 2003 mit den ersten so genannten Nachhaltigkeitsberichten nach dem neuen Gesetz zu rechnen ist.

Die jährlichen Berichte der Aktiengesellschaften müssen dann Informationen zur Nutzung von Wasser und natürlichen Rohstoffen, zum Energieverbrauch und dem Ausstoß von Treibhausgasen und Abfällen sowie zu Auswirkungen auf das ökologische Gleichgewicht beinhalten. Des Weiteren sind Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz, der Nutzung erneuerbarer Energien und Reduktion von Umweltrisiken sowie zur Weiterbildung der Mitarbeiter im Umweltschutz zu nennen.

In Bezug auf die Mitarbeiter erhält man Einblick in die Personalpolitik und die Ausgestaltung von Arbeitsverträgen. Auch die Themen Weiterbildung, Gesundheit, Arbeitssicherheit und die Berücksichtigung von Minderheiten fallen unter die Veröffentlichungspflicht. Das gesellschaftliche Engagement umfasst Maßnahmen in Kooperation mit Gewerkschaften, Umwelt- und Verbrauchergruppen, Bildungseinrichtungen, Wohltätigkeitsorganisationen und der Nachbarschaft an ihren Standorten.

Schließlich sollen Unternehmen auch darüber Auskunft geben, wie ihre internationalen Tochterunternehmen die Mindeststandards der International Labour Organisation (ILO) einhalten und wie diese auch bei den internationalen Zulieferern gefördert werden. Der französische Umweltminister Yves Cochet sieht in dem Gesetz „einen wichtigen Schritt“ zu mehr gesellschaftlicher Unternehmensverantwortung. Unternehmen seien heute die wesentlichen Akteure in einer auf Nachhaltigkeit gerichteten wirtschaftlichen Entwicklung, die die Konsequenzen auf die natürliche Umwelt und die davon betroffene Bevölkerung berücksichtigen müssen.

Das Gesetz soll Unternehmen dazu anregen, die aus ihrer Geschäftstätigkeit resultierenden Auswirkungen auf die Umwelt und gesellschaftliche Entwicklung kontinuierlich zu verbessern. Analysten für sozialökologisches Unternehmensverhalten begrüßten die Gesetzgebung als einen wichtigen Durchbruch für die Nachhaltigkeitsberichterstattung in Europa. Zugleich wird jedoch kritisiert, das Gesetz sei in einigen Punkten nicht eindeutig, etwa in der Frage, welche Aspekte im Detail anhand welcher Indikatoren erfasst werden müssen. Außerdem lasse der Gesetzestext wesentliche Umweltthemen wie die Altlastensanierung bestehender Produktionsstätten oder genetisch veränderte Organismen aus. Auswirkungen von Produkten und Leistungen über ihren gesamten Lebenszyklus, also von der Rohstoffgewinnung über den Transport bis zur Verwertung, blieben ebenfalls unberücksichtigt. Während in Frankreich interne Sozialberichte seit längerem obligatorisch sind, macht das neue Gesetz die erweiterten Informationen nun auch der Öffentlichkeit zugänglich. Frankreich verfolgt mit der erhöhten Unternehmenstransparenz eine Zielsetzung des Grünbuchs der EU-Kommission zur sozialen Unternehmensverantwortung (Corporate Social Responsibility/CSR).

Nach Dänemark ist Frankreich damit das zweite Land der EU, das eine gesetzliche Berichtspflicht einführt. In Dänemark existieren entsprechende Regeln bereits seit 1995 und haben die damit seitens der dänischen Regierung verbundenen Erwartungen erfüllt. Ob auch andere Länder in der EU nachziehen und die bisher freiwillige Berichterstattung über soziale und ökologische Aspekte den Aktiengesellschaften zur Pflicht machen, ist fraglich. Weiteren Schub kann das Thema durch die Diskussion auf europäischer Ebene erhalten. Im April dieses Jahres hat der EU-Ausschuss für Beschäftigung im Rahmen des Beschlussverfahrens zum CSR-Grünbuch seinen Abschlussbericht vorgestellt, worin neben anderem Maßnahmen die EU-weite Einführung einer verpflichtenden Sozial- und Umweltberichterstattung gefordert wird. Der Beschäftigungsausschuss als verantwortliches Gremium des Berichts entschied damit gegen die Empfehlungen des Industrieausschusses, der für eine weiterhin freiwillige Berichterstattung plädierte.

Der Bericht wurde Ende Mai vom Europäischen Parlament angenommen. Im Juli will die Kommission Pläne für die Umsetzung vorstellen. Das französische Gesetz geht weit über deutsche Regelungen hinaus – hier sind solche Berichte immer noch freiwillig. CATRIN KRUEGER

Die Autorin ist Mitarbeiterin der imug Beratungsgesellschaft für sozial-ökologische Innovationen mbH, Hannover, krueger@imug.de