: Toben neben dem Rollfeld
Alte Idee, neue Mode: Betriebskindergärten sind wieder in. Sie zeigen, wie zeitgemäße Kinderbetreuung aussehen kann
Die Kindertagesstätte Hünefeldstraße schafft etwas, was die städtischen Kitas nicht schaffen: Die „betriebsbezogene Kinderbetreuungseinrichtung“ am Flughafen bietet den Eltern ihrer Schützlinge flexible Betreuungszeiten in Form von Zeitkonten an.
Erst in dieser Woche hatte Sozialsenatorin Karin Röpke (SPD) für 14.145 Bremer Kinder bekannt gegeben: „Der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz wird auch in diesem Jahr erfüllt.“ Aber sie musste einschränken: Es könne nicht allen Eltern der gewünschte zeitliche Betreuungsumfang zugesichert werden.
In der von BSAG, Astrium, STN Atlas und Airbus gemeinsam getragenen Kita mitten in Airport City klappt‘s. Hier können die Eltern der insgesamt 50 Drei- bis Sechsjährigen selbst bestimmen, wie lange ihr Nachwuchs in der Obhut der Erzieherinnen bleibt, was etwa dann besonders praktisch ist, wenn Mama oder Papa mal auf eine Fortbildung fährt.
Gabi Krämer, Leiterin der KiTa, erklärt: „Die Eltern haben bei uns ein Betreuungszeit-Konto: Einen Halbtagsplatz zu haben, bedeutet 20 Stunden pro Woche, ein Teilzeitplatz 30 Stunden in der Woche und alles über die 30 Stunden hinaus ist ein Ganztagsplatz. Wenn ein Kind nur an drei Tagen kommt, aber sechs Stunden da ist, ist das ein Halbtagsplatz.“ Zur Flexibilität gehört auch, dass die Kita keine festen Schließzeiten hat. Die Ausnahme sind Brückentage der beteiligten Unternehmen.
Seit 1995 toben inzwischen Kinder durch die Räume der ehemaligen Flugzeug-Konstruktions-Büros. Nachdem sich schon 1993 die BSAG, das Raumfahrtunternehmen Astrium und die Rüstungs-High-Tech-Firma STN Atlas Elektronik in einem Verein zusammengeschlossen haben, um für ihre ArbeitnehmerInnen eine eigene Kita auf die Beine zu stellen, ist 1998 Airbus dem von allen Beteiligten gebildeten Verein beigetreten. Inzwischen gibt es 50 Plätze – und damit sind die Kapazitäten ausgeschöpft.
Die Idee, dass Betriebe ihre eigenen Kinderbetreuungen haben, ist alt, uralt. Hartmut Krenzer vom Airbus-Betriebsrat erinnert sich, dass die Firma Jacobs bis in die 70er Jahre hinein einen betriebseigenen Kindergarten hatte. „Das war aber irgendwann politisch nicht länger gewollt“, ergänzt Gabi Krämer. Der Haupteinwand gegenüber betriebsbezogenen Kitas: Sie führen zur „Entmischung“ der öffentlichen Kindergärten in den Stadtteilen, weil alle Kinder aus bestimmten Betrieben, und das sind logischerweise immer Kinder von berufstätigen Eltern, nicht im Stadtteil betreut werden.
Mittlerweile besinnen sich auch andere Betriebe auf die Vorzüge von Betriebskindergärten: die Stahlwerke, Daimler Chrysler oder Call Center City sind nur drei Bremer Betriebe, die sich mit entsprechenden Überlegungen tragen.
Ulrike Bendrat
Über betriebsbezogene Kindebetreuung findet am Dienstag, den 11. Juni von 14 bis 18 Uhr eine gemeinsame Tagung von ArbeitnehmerInnenkammer und ZGF statt. Näheres unter ☎ 361- 4993 (ZGF) oder ☎ 363 01-87.
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