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Ene mene mu – raus bist du!

Die deutschen Ersatzspieler melden sich zu Wort. Oliver Bierhoff will Carsten Jancker ersetzen und Marko Rehmer demnächst in eine Dreierkette eingebaut werden. Rudis Reaktion: Er lächelt milde

aus Miyazaki FRANK KETTERER

Oliver Bierhoff ist von Beruf Stürmer. Vielleicht hat er seinen Wunsch auch deshalb so offensiv vorgetragen. Er sehe sich, so hat es der ehemalige Kapitän der deutschen Nationalmannschaft wissen lassen, ganz klar als Punktsieger, und zwar im mannschaftsinternen Wettbewerb mit dem Sturmkollegen Carsten Jancker. Was das im Normalfall nach sich ziehen müsse, hat Bierhoff ebenfalls formuliert: Er und nicht Jancker habe sich einen Startplatz in der deutschen Elf verdient, die im letzten Gruppenspiel am Dienstag im Escopa-Stadion von Shizuoka gegen Kamerun mindestens ein Unentschieden holen und damit den Einzug ins Achtelfinale perfekt machen soll.

Michael Skibbe ist von Beruf Bundestrainer. Weil er sich mit Teamchef Rudi Völler bei den Pressekonferenzen im Seaside-Hall-Hotel zu Seagaia täglich abwechselt, war am Sonntag wieder er an der Reihe. Skibbe hat nur ein wenig geschmunzelt, als er von einem Reporter mit Bierhoffs Anliegen konfrontiert wurde.

Dann hat er gesagt: „Es freut uns, dass alle Spieler sich so stark fühlen, am Dienstag spielen zu wollen.“ Ansonsten könne er zu diesem Thema „natürlich keine weiteren Aussagen machen“. Ist ja auch noch Zeit bis Dienstag. Das prinzipielle Problem an der ganzen Sache ist ziemlich klar: 23 Nationalspieler haben Teamchef Völler und Skibbe mitgenommen, nur 11 von ihnen werden am Dienstag gegen das Leder treten dürfen, zumindest bei Anpfiff. 23 minus 11 macht 12. Abzüglich der Ersatztorhüter, die sich mit ihrem Ergänzungsspielerschicksal hinter Oliver Kahn abgefunden haben, bleiben also immer noch 10. Zehn gestandene Profis, die zunächst auf der Bank Platz nehmen müssen oder gar auf der Tribüne, die doch nichts anderes wollen als bei dieser WM auch mitspielen dürfen.

Dabei hat es Bierhoff noch komfortabel, schließlich wurde er in beiden Spielen eingewechselt, hat ein Tor schießen und somit Punkte sammeln können in seinem Duell mit Jancker. Den Sportskameraden Marko Rehmer, Frank Baumann, Lars Ricken, Gerald Asamoah, Sebastian Kehl und Jörg Böhme war selbst das hingegen bisher ausschließlich im täglichen Training vergönnt, und da ist es ja besonders schwer. Zumal ja auch eine gewisse Portion Diplomatie dazugehört, nach dem Motto: „Wie sag ich’s meinem Trainer, ohne dass der den Vorstoß (Achtung, Oli!) als zu forsch empfindet und am Ende noch das gute Binnenklima gestört wird, dessen sich das Team unablässig rühmt.“

Als ziemlich sicher gilt, dass Völler und Skibbe die Startelf gegen Kamerun verändern werden. Heftigst diskutiert wird nur noch über das Wie, schließlich müssen abertausende Bundestrainer zu Hause mit Material versorgt werden. In den Gazetten abgedruckt wird dabei manch guter Rat, der dann bei Völler/Skibbe landet. „Dafür bedanken wir uns natürlich. Aber de facto ist es immer noch so, dass Rudi Völler und ich über die Aufstellung entscheiden“, hat Skibbe gesagt und dabei freundlich gelächelt.

Es gibt ganz heiße und weniger heiße Kandidaten für einen Platz im Team. Zu den heißen gehört Marco Bode, schon weil er gestern mitdurfte zur Pressekonferenz. Und weil er auf der linken Seite spielen könnte, dort, wo Christian Ziege bisher mehr wegen seiner eigenwilligen Frisur aufgefallen ist als durch sein Fußballspiel. Nicht auszuschließen ist auch, dass Marko Rehmer, der so viel Pech hatte in letzter Zeit, mit von der Partie ist. „Sehr gut und topfit“, fühlt sich der Berliner nach annähernd problemfreien zwei Wochen Training am Stück, hinzu kommt, dass Verteidiger Christoph Metzelder angeschlagen aus dem Irland-Spiel kam und zwei Tage nicht trainieren konnte. Gesetzt dürfte Rehmer sein, sollte Völler mit dem Gedanken spielen, die Abwehr von Dreier- auf Viererkette umzubauen; das hat der Teamchef bisher nämlich noch nie getan, wenn der Berliner nicht mit von der Partie war. Ohnehin immer heiße Kandidaten für einen Platz im Team sind Jens Jeremies im defensiven Mittelfeld, auch wenn er es war, der gegen die Iren jenen Fehlpass spielte, der zum Ausgleich führte, sowie Oliver Neuville, der gerade gegen die sprintstarken Kameruner ein probates Mittel sein könnte, auch wenn Punktesammler Oliver Bierhoff solche Dinge gewiss nicht gerne hört.

Solche Überlegungen sind freilich nichts mehr als Planspiele. „Wir haben die Qual der Wahl“, hat Rudi Völler schon vor zwei Tagen gesagt, als er an der Reihe war, die Presse zu unterrichten. Völler hat dabei sein typischen Völler-Grinsen aufgesetzt. Gequält sah es nicht aus.

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