OB KRIEG ODER NICHT – DER AUSVERKAUF DES KONGO GEHT WEITER
: Die Illusion: Frieden

Der Kongo braucht Frieden. Erst am vergangenen Freitag hat das der UN-Sicherheitsrat betont; seine Resolution zur Verlängerung des Mandats der UN-Blauhelme im Kongo betont gleich am Anfang die „Souveränität der Demokratischen Republik Kongo über ihre natürlichen Ressourcen“ und fordert den „vollständigen Rückzug aller ausländischen Streitkräfte“ aus dem zerfallenen Land. Schöne Worte, die darauf bauen, dass ein Ende der ausländischen Einmischung in einem der ressourcenreichsten Länder der Welt eine Friedensregelung und damit Wiederaufbau ermöglichen.

Aber nun wird bekannt, dass die Regierung von Präsident Joseph Kabila in der Hauptstadt Kinshasa unter voller Ausübung ihrer Souveränität einen Landstrich von der Größe Belgiens, in dem blutige Kämpfe toben und den sie gar nicht kontrolliert, an eine dubiose Ölfirma mit Verbindungen zu Söldnernetzwerken verscherbelt hat. Verrückter als das war bisher nur die Idee des längst vergessenenen Rebellenchefs Ernest Wamba dia Wamba, einem Geldwäscher aus der Karibik die Leitung seiner nicht existenten Zentralbank anzuvertrauen. Die Ölkonzession umfasst große Teile des Virunga-Nationalparks und deckt das Grenzgebiet zu Uganda ab, und zu ihrer Ausbeutung müssten die Machtverhältnisse in der Region umgekehrt werden, eventuell sogar unter Einsatz ausländischer Söldner. Das Geschäft ist also entweder ein politisches Manöver, mit dem sich Kabila Freunde kauft, oder das Signal dafür, dass mit einem Friedensschluss neues militärisches und ökologisches Unheil über eine bereits stark vom Krieg getroffene Gegend kommt.

Die unselige Tradition der halbkriminellen Geschäfte, die die Geschichte des Kongo kennzeichnet, ist also auch dann nicht vorbei, wenn die „Souveränität“ des Landes wiederhergestellt wird. Ob Diamanten, Coltan oder eben Öl: Die weitere ungebremste Ausbeutung der kongolesischen Rohstoffe zum Nachteil der Bevölkerung ist sicher. Die Probleme des Landes existierten schon vor dem Krieg – und sie werden nach dem Krieg nicht automatisch verschwinden. DOMINIC JOHNSON