: Wie in St. Peter
■ Italienische Festmusik, die letzte: Eine beeindruckende Lektion in Gregorianik
So könnte er gewesen sein, ein Ostergottesdienst in der St. Peterskirche in Rom um 1570. Rekonstruiert und aufgeführt hat ihn jetzt Manfred Cordes mit seinem Ensemble Weser-Renaissance.
Es war das fünfte und letzte „Konzert“ der Reihe „Italienische Festmusik“, die mit einer Fürstenhochzeit in Florenz 1539 begann und nun im St. Petri-Dom mit einer Ostermesse endete. Für die formale Grundstruktur der katholischen Messe – Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus und Agnus Dei – wählte Cordes die berühmte sechsstimmige „Missa Papae Marcelli“ von Pierluigi Palestrina und füllte sie auf mit Lektionen und Gregorianik, dem einstimmigen lateinischen Gesang der römisch-katholischen Liturgie.
Was gegenüber einem heutigen Gottesdienst fehlte, waren nur die Gebete und die Predigt, selbstverständlich auch das Abendmahl, nicht allerdings dessen Begleitmusik, das gregorianische „Pascha nostrum“.
Deswegen hat das zahlreich erschienene Publikum – es waren zu wenig Karten gedruckt worden – wohl einen schlüssigen und authentischen Gottesdienst erlebt, dessen Dynamik und Sinnlichkeit, dessen theatrale Dimensionen und geschichtlichen Erinnerungen. Die elf SängerInnen – neun Männer und zwei Frauen – interpretierten Palestrina als einen wunderbaren, polyphon verflochtenen Klangstrom, gelegentlich ließ Cordes die Gruppe von einer Instrumentalgruppe aus vier Posaunen und zwei Zinken begleiten.
Um den Namen Palestrina rankt sich die Legende des „Retters der Kirchenmusik“, weil er die Größe hatte, die neuen Forderungen nach Textverständlichkeit mit einer weit schweifenden Melismatik zu verbinden und das geplante Verbot der Mehrstimmigkeit zu verhindern.
Konzeptionell schlüssig und künstlerisch so einfühlsam angeboten, macht die Wiedergabe ehemals rein funktionaler Musik durchaus Sinn, wäre sie doch ansonsten verloren. Das gilt auch für die im Dom herrlich klingende Gregorianik mit ihren ebenso archaischen wie expressiven und rhythmuslosen Melodien und für die gesungene Lesung der Evangelien. „Wer waren denn nun die Komponisten“, fragten so einige im Hinausgehen. Zu Recht, denn das verteilte Textblatt enthielt keinerlei Angaben über die Herkunft Musik. Das sollte man das nächste Mal besser machen, denn nach dem Erfolg dieser Reihe wird es ein nächstes Mal geben: in der nächsten Saison fünf Konzerte mit englischer Musik des 16. und 17. Jahrhunderts. Ute Schalz-Laurenze
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen