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EU bleibt beim stabilen Sparen

Mit einer Kompromissformel zur neuen französischen Haushaltspolitik umgehen die Finanzminister der Europäischen Union eine ernsthafte Debatte über die Maastricht-Kriterien. Gemeinsam bekennen sie sich erneut zum so genannten Stabilitätspakt

von BEATE WILLMS

Die Chance ist vertan, in der europäischen Finanzpolitik bleibt alles beim Alten. Auf einer Sonderkonferenz in Madrid einigten sich die EU-Finanzminister in der Nacht zu Freitag, am so genannten Stabilitäts- und Wachstumspakt festzuhalten und bis 2004 „nahezu ausgeglichene Staatshaushalte“ vorlegen zu wollen. Der Vorstoß der französischen Regierung, die eine Auseinandersetzung über mehr Flexibilität für die Maastricht-Kriterien gefordert hatte, endete in einem Formelkompromiss: Die Ziele des Paktes wurden für Frankreich – wie schon für Deutschland und Portugal – lediglich weicher formuliert.

Frankreich rechnet für dieses Jahr mit einem Haushaltsdefizit von rund 2,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Dem Gros der EU-Finanzminister ist das zu nahe an der im Maastricht-Vertrag festgelegten Höchstgrenze von 3 Prozent. Auch die alte französische Regierung hatte anders geplant: Sie hatte ein Defizit von 1,8 bis 1,9 Prozent angepeilt.

Vertreter der neuen französischen Regierung, die im Wahlkampf Steuersenkungen versprochen hat, hatten jedoch die Flucht nach vorn angetreten und den Stabilitätspakt wiederholt relativiert. Vor allem das mittelfristige Ziel, bis 2004 ein ausgeglichenes Budget vorlegen zu müssen, sei zu überdenken. Mit dieser Forderung weisen sie in die gleiche Richtung wie kritische Ökonomen, etwa die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik in Europa, die die einseitige Orientierung der europäischen Finanzpolitik auf die Maastricht-Kriterien kritisieren.

Mit dem nun gefundenen Kompromiss hat sich Frankreich aber wieder einbinden lassen. Finanzminister Francis Mer muss nun bis 2004 einen „nahezu ausgeglichenen“ Haushalt vorlegen. Diese Formulierung hatten die Finanzminister auch schon Deutschland und Portugal zugestanden, die ähnliche Schwierigkeiten haben. Und genau wie damals sein deutscher Kollege Hans Eichel (SPD) durfte auch Mer das Erreichen des Ziels von einer Vorbedingung abhängig machen: Frankreich ist zu der Budgetkonsolidierung nur dann verpflichtet, wenn es bis 2004 jährlich ein Wirtschaftswachstum von 3 Prozent erreicht.

Nichtsdestoweniger bedeutet das Ja zum Stabilitätspakt für die Regierung nun Sparmaßnahmen. Noch auf dem Treffen musste Mer zusagen, die geplanten Steuersenkungen ohne neue Schulden zu finanzieren, das Rentensystem zu reformieren sowie mittelfristig die öffentlichen Ausgaben zu kürzen.

Erwartungsgemäß zeigte sich Eichel, der als härtester Verfechter des von seinem Vorgänger Theo Waigel (CSU) maßgeblich mit initiierten Stabilitätspakts gilt, ganz glücklich mit dem Ergebnis. „Diese Debatte ist vorbei“, sagte er.

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