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Bewaldete Landschaften

Die Tragikomödie um Märchenprinz und Sissi auf nacktem Arsch und Bauchnabel inszeniert: Joachim Jacob setzt seine Mini-Puppen auf möglichst behaarte Männer-Rücken

Unstrittig ist lediglich der Kopfschmuck. Ab Rücken aber wird es haarig: 99,9 Prozent der Menschen finden Haare unterhalb des anrasierten Nackens nicht eben prächtig. Das hat zumindest Joachim Jacobs „kleine Permanent-Umfrage“ ergeben. Er selbst dagegen gehört zu jenen 0,1 Prozent, die diese „bewaldeten Orte“ lieben. Weswegen er obenauf und mittemang kleine Kunststillleben inszeniert.

„Körperhaarlandschaften“ nennt Jacob diese kleinen bizarren Welten, in denen er Trecker durch die Körperwolle pflügen lässt oder Miniatur-Kletterer das Armhaargebirge empor schickt. Gut drei Dutzend solcher Szenen hat Jacob fotografiert und seit gestern im Gerhard Marcks Haus hängen.

Joachim Jacob mag Haare. Mag Stroh. Mag schlicht alles, was irgendwie stoppelig ist. Bloß keine glatten Fassaden. Jacob ist studierter Architekt. Und wenn er etwas nicht mag, dann sind es transparent langweilige Glaswände ohne Fugen, ohne Struktur, ohne alles irgendwie. Fassaden an denen man bestenfalls „vorbeiglitscht“.

Jacob selbst ist Bartträger. Einer, der reiben und provozieren will mit den Stoppeln auf seinen Bildern. „Haare auf der Haut sind doch das gleiche wie Ornamente an Hauswänden.“ Hingucker. Schmuck. Alles organisch statt puristisch. „Das rührt an.“

Genauso sind auch die Welten, mit denen der 41-Jährige die menschlichen Rücken, Beine und Brustkörper bezogen hat: Klitzekleine Plastikpuppen, die sich in der Sonne aalen. Ein perfektes Strandpanorma, mit See und Himmel und Dünen und Strandhafer – erst auf den zweiten Blick wird deutlich, dass der Sand eigentlich nur aus Rücken besteht und die ungeliebten Haare glatt als Strandhafer durchgehen. Oder ganz barock: der Tod des Märchenprinzen Ludwig II, der statt im Starnbergersee im Bauchnabel-Strudel ertrinkt.

„In den 70ern konnte man gar nicht behaart genug sein.“ Heute dagegen, in Zeiten in denen längst die Brusthaar-Rasur angesagt ist, beklagt Jacob fast schon seufzend den Mangel an Rückenhaar-Trägern. „Da hat man den Affen im Rücken – ist doch auch schön oder etwa nicht?“

Rückenhaare sind für den langjährigen Bremer Künstler mit Wohnsitz in Hamburg so etwas wie „die letzte Wildnis des menschlichen Äußeren“. Abrasierwillige Freunde bittet er gerne, die Wolle hinten doch noch etwas wachsen zu lassen – für eine zweistündige Foto-Session. Im Anschluss zückt Jacob selbst – wenn auch kopfschüttelnd – das Schermesser. pipe

Die Ausstellung „Micromegas“ ist noch bis zum 11. August im Pavillon des Gerhard Marcks Hauses zu sehen.

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