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„Die CDU hält Schill den Rücken frei“

Von heute an hat Hamburg keine Ausländerbeauftragte mehr. Die letzte Amtsinhaberin Prof. Dr. Ursula Neuman über Sozialneid, Schmerzgrenzen und den Einfluss der Populisten auf die CDU

Interview: HEIKE DIERBACH

taz hamburg: Warum hat der Senat ein Problem mit Beauftragten für Ausländer? Ursula Neumann: Ich denke, ein Grund ist, dass sie etwas neu und anders machen wollen. Außerdem sehe ich Parallelen zur Abschaffung der Polizeikommission: Es geht darum, sich interner Kritik zu entledigen. Ich hoffe, dass das auch ein Grund ist. Es wäre schlimm, wenn wir so brav gewesen wären, dass es egal ist, ob es uns gibt oder nicht. Schließlich spielt auch eine Rolle, dass der neue Senat den Begriff der Integration anders definiert - damit ist jetzt offenbar die Anpassung von Menschen an bestehende Strukturen gemeint, nicht der Abbau von Barrieren.

Wäre nicht ohnehin für Sie auch bald die Schmerzgrenze überschritten gewesen?

Ich habe mir nach der Wahl geschworen, dass ich mich eher rausschmeißen lasse als dass ich gehe. Aber reif war ich schon lange. Am Ende habe ich es hauptsächlich noch gemacht, um für die Migrantengruppen als Ansprechpartnerin zur Verfügung zu stehen. Wenn der Senat klug gewesen wären, hätte er sich zumindest dessen bedienen können, was ich angeboten habe: Die Brücke zu den verschiedenen Migrantengruppen, das Fachwissen des Arbeitsstabes. Und wenn die Sozialsenatorin nun meint, sie könnte mal eben ein Integrationskonzept zimmern, dann zeugt das nur davon, dass sie nicht weiß, von was für einer Riesen-Aufgabe sie da redet.

Ist die CDU von allen guten Geistern verlassen?

Ich denke, das ist in Hamburg ganz klar der Einfluss der Schill-Partei - obwohl Schill selbst sich direkt gar nicht geäußert hat. Konservative anderer Bundesländer haben die Abschaffung des Amtes kritisiert. Ich habe beispielsweise gerade mit Rita Süßmuth gesprochen, die war entsetzt. Es ist also keine einhellige CDU-Meinung. Aber die Tendenzen gibt es in der Partei.

Ist Schill ein Rassist?

Nach wissenschaftlicher Definition ja. Danach ist Rassismus die Abwertung von Menschen aufgrund einer ihnen zugeschriebenen Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Genau das macht Schill: Er schürt Sozialneid, nimmt bewusst falsche Annahmen zum Anlass, sozialen Gruppen Schuld zuzuweisen. Er verknüpft soziale Probleme mit Abstammung. Das sind rassistische Tendenzen... ...die die CDU duldet.

Mehr noch: Sie hält Schill den Rücken frei. Denn wenn Integration nur Sache der Sozialbehörde ist, muss Schill keine Kritik des Beirates an der Praxis der Innenbehörde fürchten. Mein Vorschlag wäre es, dass die FDP sich des Themas annimmt, weil Integration im Kern eine Bildungsfrage ist. Statt dessen gründet sich morgen der Integrationsbeirat der Sozialbehörde.

Plädieren Sie für einen Boykott?

Wenn man nicht durchsetzen kann, dass der Beirat mehr Rechte bekommt als bisher bekannt, sollte man sich nicht dran beteiligen. Denn die große Gefahr ist, dass die Organisationen sich zu sehr einbinden lassen: Sie werden Teil eines Gremiums, dessen Arbeitsstab Teil der Behörde ist. Man könnte ausprobieren, welche Freiheitsgrade es gibt. Dazu müsste man auf Prüfsteine drängen - wie beispielsweise die Frage, ob Hamburg eine Härtefallkommission für Flüchtlinge gründet, wie es das neue Zuwanderungsgesetz ermöglicht.

Wie geht man persönlich damit um, die Arbeit von Jahrzehnten abgewickelt zu sehen?

Richtig unangenehm fand ich nur die Zeit, als sich die Abschaffung abzeichnete, aber noch nicht ausgesprochen war. Dieses sich nicht wehren können, dazu die Sorge um die Mitarbeiter. Geholfen hat sicherlich der Galgenhumor, den wir im Arbeitsstab entwickelt haben. Ich habe natürlich auch Übung im Umgang mit Ressentiments gegen Ausländer. Da muss man gelassen bleiben und es mit rationalen Argumenten versuchen. Auch bei Politikern. Bei Schill allerdings lohnt sich das nicht mehr.

Freuen Sie sich, dass Sie künftig wieder auf anderem Niveau diskutieren können?

Ich hätte gern noch politisch etwas bewirkt. Aber ich freue mich auf die Uni. Die Frage ist, wie ich die politischen Erfahrungen in die Forschung einbringe. Da habe ich noch keine Antwort. Ein Punkt ist, wie weit Wissenschaft und Politik noch auseinanderliegen. Da ist viel zu tun.

Angenommen, Schwarz-Schill stürzt und die nächste Regierung führt das Amt der Ausländerbeauftragten wieder ein - stünden Sie zur Verfügung?

Für ein identisches Amt nicht. Das Thema müsste mehr Gewicht bekommen. Es muss einen eigenen Ausschuss und mindestens eine Staatsrätin geben. Besser noch Senatorin.

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