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WARUM DER G-8-GIPFEL AFRIKA NICHTS NUTZEN WIRDDie neue, alte Weltordnung

Der G-8-Gipfel in Kanada ist mit magerem Ergebnis zu Ende gegangen. Das war zu erwarten gewesen, denn die Afrikanische Initiative (Nepad) lud die reichen Industrienationen geradezu ein, die Afrikaner für die Misere ihres Kontinents allein verantwortlich zu machen. Mit Bedacht wurden nur jene afrikanischen Staats- und Regierungschefs nach Kanada gebeten, die bereit waren, die Verantwortung für die Entwicklung ihres Kontinents selbst zu übernehmen. Statt Reform des IWF, der Weltbank und der WTO einzuklagen, hatten sich der südafrikanische Präsident und Initiator von Nepad, Thabo Mbeki, und seine Kollegen vorab mit ihren Gastgebern darauf verständigt, vor allem im eigenen Haus für „Ruhe und Ordnung“ zu sorgen. Dafür erhoffen sie sich private Investoren aus den reichen Industrienationen, die Afrikas Entwicklung endlich voranbringen sollen. Dank dieser Ausgangsbedingungen konnte man sich von Seiten der G 8 ruhig zurücklehnen: Von diesen armen Verwandten war kein Aufruhr zu erwarten.

Das kanadische Schauspiel folgt den bekannten weltpolitischen Spielregeln, denn seit dem Ende der Sowjetunion bestimmt der Westen die Regeln. Wer – wie etwa wie der palästinensische Präsident Arafat – den Interessen der USA und der EU zuwiderhandelt, muss damit rechnen, dass ihm sein Stuhl vor die Tür gestellt wird. Dies gilt auch für demokratisch gewählte Regierungschefs, wie den venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez, dessen versuchter Sturz von den USA begrüßt wurde. Seit Ende des Kalten Krieges ist das internationale Engagement für die reichen Industrienationen deutlich billiger zu haben. Früher musste die sowjetische Konkurrenz aus dem Feld geschlagen werden – heute kann man sich deutlich billiger afrikanischer Rohstoffe bedienen und die afrikanischen Regierungen bei der Stange halten.

Angesichts dessen scheint es zur Strategie der Zurückhaltung und Anpassung von Thabo Mbeki keine Alternative zu geben. Die Entwicklung Südafrikas zeigt jedoch, dass diese Strategie nicht ausreicht. Obwohl die Voraussetzungen für private Investitionen deutlich verbessert wurden, ist es nicht gelungen, die Massenarmut zu reduzieren. Die erhofften privaten Investoren blieben weit gehend aus. Per saldo gingen Direktinvestitionen sogar zurück. So wurden trotz eines seit einigen Jahren anhaltenden Exportbooms 600.000 Arbeitsplätze vernichtet. Die Arbeitslosigkeit stieg auf ein Rekordniveau von fast 50 Prozent. Als Folge wächst die Klasse der Mittellosen, die von Diebstahl, Prostitution oder Ähnlichem leben muss. All das gefährdet mehr und mehr die Zukunft Südafrikas und der Region.

Die Entwicklung der Eigenkräfte ist weder in Südafrika noch Afrika insgesamt ausreichend. Afrika braucht eine umfassende Unterstützung von außen. Zu Recht weist die deutsche Ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul darauf hin, dass die Industrienationen zweifach gefordert sind: Sie müssten Agrarsubventionen in Höhe von jährlich 360 Milliarden Dollar abbauen – denn die hoch subventionierten Agrarprodukte der EU und der USA behindern die landwirtschaftliche Entwicklung in Afrika und die Exporterfolge afrikanischer Produzenten auf unseren Märkten. Und zweitens müssen sie die Entwicklungshilfe vor allem für den Bereich Gesundheit erhöhen. Dies ist entscheidend, denn heute sterben die Menschen in Afrika, vor allem durch armutsbedingte Unterversorgung, im Alter von 45 bis 50 Jahren. Dies hat zur Folge, dass die Phase der höchsten Arbeitsproduktivität, also jene Zeit nach der Ausbildung, auf wenige Jahre beschränkt ist. Dabei wird diese Phase immer wieder durch krankheitsbedingte Ausfälle unterbrochen. Dies muss, jenseits humanitäter Gründe, Anlass genug sein, die Anstrengungen auf eine Verbesserung der Gesundheit zu konzentrieren.

Doch die Politik der G-8-Regierungen bleibt weit hinter solchen Erkenntnissen zurück. Den Nepad-Initiatoren ist jedoch der Vorwurf zu machen, dass sie eine Chance verspielt haben, indem sie sich in Kanada freiwillig zum billigen Jakob gemacht haben. Sie hätten gemeinsam mit jenen Demonstranten, die unweit des Tagungsortes für eine andere Welt demonstrierten, eine Koalition bilden können – eine Kraft, die langfristig sogar von den G-8-Staaten nicht missachtet werden kann.

ARMIN OSMANOVIC

Der Autor ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Afrika-Kunde in Hamburg

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