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Strandkorbs Birthday

Gegen Rheuma und Wind – sollte vor 120 Jahren der erste Strandkorbes schützen. Ein Jahr später wurden die ersten Ableger vermietet

Er ist Windschutz, Schattenspender und manchmal auch Liebeslaube. Vor allem aber ist der schwere eckige und bunte Klotz weltweit zu einem Symbol für den Strandurlaub an Nord- und Ostsee geworden: Der Strandkorb, der in diesem Jahr seinen 120. Geburtstag feiert.

Die Erfindung der behaglichen Sitzgelegenheit verdanken die Generationen von Urlaubern dem Rheumatismus einer gewissen Elfriede Maltzahn. 1882 beauftragte diese den Warnemünder Hof-Korbmacher Wilhelm Bartelmann, ihr eine Sitzgelegenheit zu fertigen, die sie am Strand vor dem Wind schützen sollte. Bartelmanns „Strandstuhl“, dem bereits im folgenden Jahr eine Version für zwei Personen folgte, wurde ein voller Erfolg bei den Badegästen. Die Stühle waren derartig beliebt, dass des Korbmachers Frau Elise bereits 1883 die erste Strandkorbvermietung der Welt gründete.

Heute gibt es nach Schätzungen des Ostseebäderverbandes rund 70.000 Strandkörbe an den Stränden Norddeutschlands. „An der Nordsee sind die Körbe traditionell kantiger in der Form, der Ostseekorb dagegen ist rundlich“, sagt Strandkorbvermieter Stephan Muuß aus Niendorf (Kreis Ostholstein). Der klassische Strandkorb ist weiß oder naturfarben lackiert, hat blau-weiß- oder rot-weiß-gestreifte Polster und bietet Platz für zwei. Daneben gibt es seit einigen Jahren auch Dreisitzer als Familienkörbe und Kinderkörbe. Fast ganz verschwunden sind dagegen die Körbe aus Rohrgeflecht. „Die machen wir fast nur noch für Privatkunden. Die Vermieter bevorzugen Kunststoffkörbe, weil die witterungsbeständiger sind“, sagt Peter Eggers, Inhaber der „Strandkorbfabrik Eggers“ in Mölln (Kreis Herzogtum Lauenburg).

Seine Fabrik ist eine von vier Produktionsstätten in Schleswig- Holstein. Im Ausland ist der deutsche Strandkorb zwar beliebt, an fremden Stränden hat er sich aber nicht durchsetzen können. „Ich habe mal 150 Stück in die USA verkauft. Der Kunde wollte in Miami eine Strandkorbvermietung aufziehen, aber daraus ist nichts geworden“, erzählt Eggers.

Wer Kurtaxe und die sieben bis neun Euro Tagesmiete für den Korb zahlt, dem bieten die Vermieter heute allerlei zusätzlichen Service. Das reicht von der Internetbuchung über den Verleih von Spielzeug und Wolldecken bis zum Getränkeservice. Und bei Pärchen, die in mondhellen Nächten im Strandkorb schmusen, drücken die Vermieter schon mal ein Auge zu, auch wenn Frau Maltzahn das wohl nicht so gern gesehen hätte. dpa

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