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Der neue T-Sanierer ist ein Alter

Der Aufsichtsrat verordnet dem Führungsduo auf Zeit, Helmut Sihler und Gerd Tenzer, Sparen und Rationalisieren. Der neue Vorstandschef ist ein alter Bekannter des Telekom-Konzerns und seines Chefkontrolleurs. Ron Sommer erhält weiter Gehalt

von REINER METZGER

„Wer ist Helmut Sihler?“, fragten sich gestern die Beobachter des Spektakels um die Deutsche Telekom. Dienstagnachmittag wurde er Nachfolger von Vorstandschef Ron Sommer – als Übergangslösung für maximal ein halbes Jahr, so Aufsichtsratschef Hans-Dietrich Winkhaus. Sihler soll sich vor allem um die Suche nach einer dauerhaften Ablösung für Sommer kümmern. Ihm zur Seite steht als stellvertretender Vorstandschef Gerd Tenzer. Tenzer wird die tägliche Arbeit verrichten und war bisher für die gesamte technische Seite des Telefonriesen zuständig.

Sihler ist zwar nicht mehr taufrisch, hat aber eine bemerkenswerte Karriere hinter sich. Der 1930 im österreichischen Klagenfurt gebore Sohn eines Lehrers machte je einen Doktor in Sprachen und Jura, arbeitete bei der amerikanischen Besatzungstruppe und trat dann 1957 in den Konzern der deutschen Waschmitteldynastie Henkel (Persil, Pril, Spee) ein und stieg auf. 1980 wurde er der erste familienfremde Henkel-Vorstandschef. Der inzwischen deutsche Staatsbürger ist ein Mann der Kontinuität: Seit 1955 mit seiner Frau Hildegard verheiratet, von 1957 bis zur Rente bei Henkel.

Sihler soll mit der Telekom einen auf Teufel komm raus internationalisierten und überschuldeten Konzern sanieren. „Die Stichworte sind: Kostensenkungen, Qualitäts- und Effizienzsteigerung und Schuldenabbau, aber auch der Verkauf der Kabelnetze“, gab Aufsichtsratschef Winkhaus gestern die Marschrichtung vor. Sihler kündigte umgehend einen radikalen Konsolidierungskurs mit Kostensenkungen und Schuldenabbau an.

Die beiden kennen sich genau: Als Sihler mit 62 Jahren die Altersgrenze bei Henkel erreichte, übergab er die Konzernführung an seinen Stellvertreter, einen gewissen Winkhaus.

Wie bei geschätzten Managern üblich, arbeitete Sihler in der Rente übrigens in diversen Aufsichtsräten, war unter anderem Chefaufseher bei seiner Lieblingsautomarke Porsche, dann bei der Deutschen Post AG. Schließlich berief ihn die damalige Bundesregierung im Juli 1996 zum Aufsichtsratschef der Deutschen Telekom AG und damit zum Oberaufseher des damals noch frischen Ron Sommer. Dieses Amt gab er dann am 14. April 2000 ab – an Winkhaus.

In seinem neuen Amt wird Sihler noch einmal mit Sommer zu tun haben: Er muss ihm Geld auszahlen. Die Modalitäten sind laut Aufsichtsratschef Winkhaus vertraulich und schon geregelt. Das dürfte jedoch nur für das Festgehalt gelten. Hier kann Sommer den Restlohn seines Vertrages bis 2005 erwarten, geschätzte 2,5 Millionen Euro pro Jahr. Schwer zu taxieren ist hingegen der Wert der Aktienoptionen. An die acht Telekom-Vorstände wurden allein 2001 insgesamt 1,74 Millionen Aktien zu einem Festwert von zirka 37 Euro pro Stück abgegeben. Sie können die Aktien bis 2011 in Bargeld umtauschen. Wenn der Kurs bis dahin von derzeit 10 auf 100 Euro steigen sollte, erzielen die Vorstände laut dem Hamburger Wirtschaftsprofessor Michael Adams 110 Millionen Euro.

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