Wohlige Gewitter

Kammerjazz mit Country-Flavour: Pat Metheny und Charlie Haden selbstvergessen in Oldenburg

Der Jazzbassist Charlie Haden begann seine Karriere als Sänger bei Radioshows in der Countryband seiner Eltern, wie Pat Metheny wuchs er in einer Kleinstadt in Missouri auf, „dreaming about music out there in the heartland of America“ (Metheny). Die beiden trafen sich zum ersten Mal in der Band von Ornette Coleman und spielten dort sperrigen Free-Jazz, fühlten sich aber als Landeier aus ähnlichen Nestern einander nahe. 1997 machten sie eine Duo-CD mit dem programmatischen Titel „Beyond the Missouri Sky“: Metheny auf der akustischen Gitarre und Haden mit seinem wunderbar warm und organisch klingenden Bass erwecken hier pastorale, ländlich-idyllische Stimmungen in Songs, die durchweg ruhig, poetisch und angenehm melancholisch klingen.

Mit diesen Liedern sind die beiden nun auf Konzerttournee, und in Deutschland treten sie nicht etwa wie gewohnt in Hamburg, Berlin oder München auf, sondern in Oldenburg und Memmingen. In der Weser-Ems-Halle gelang es ihnen trotz eines ziemlich ruckartig operierenden Technikers am Scheinwerfer schnell, die Grundstimmung der CD herzustellen. Wohlig konnte man sich in jedes einzelne Lied fallen lassen: Die beiden spielten nur schöne Melodien, seien es die eigenen oder Klassiker wie Henry Mancinis „Two for the Road“ und „The Moon is a Harsh Mistress“ von Jim Webb.

Bei den Improvisationen entfernten sie sich nie zu weit von den Themen und mischten Jazz mit viel Country-Atmosphäre. Da schrammelte Metheny auch mal über die Saiten, und Haden schien einmal mit tiefen, gestrichenen Tönen das bedrohliche Heraufziehen einer Gewitterfront heraufzubeschwören. Metheny und Haden machte der Auftritt offensichtlich Spaß, sie wirkten selbstvergessen und schafften es auch eine Zeitlang, das Publikum mit diesem meditativen Kammer- oder besser Scheunenjazz zu fesseln.

Aber dann wünschte man sich doch ein wenig Abwechslung. Es klang nicht etwa alles gleich, aber ähnlich: jeder Song in dem gleichen, eher behäbigen Tempo, in der gleichen Lautstärke, auf dem selben Energielevel. Es fehlte fast völlig an Kontasten, musikalischen Widerhaken, Überraschungen – kurz gesagt an einer Dramaturgie. Dabei können beide viel mehr, wie sie mit den beiden letzten Stücken bewiesen: Hadens „Blues for Pat“ und „Lonely Women“ von Horace Silver, bei denen sie plötzlich über den Horizont von Missouri blickten und energischer improvisierten.

Hätten sie öfter solche Kontrapunkte gesetzt, der Auftritt wäre spannender gewesen. So engten sich Metheny und Haden unnötig durch ihr eigenes Konzept ein. Damit war das Konzert zwar sehr angenehm, aber auch nicht mehr. Man wurde auf höchstem Niveau eingelullt.

Wilfried Hippen