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Sommerkrimi

Folge 2

George blickte sich um. Dann sah er seinen Mann direkt vor sich. Zwei Fleischfalten kräuselten sich oberhalb des offenen Hemdkragens, worauf der wuchtige Kopf mit den grauen, stoppeligen Haaren befestigt schien. Ganz oben schimmerte die schweißnasse Tonsur, über die jetzt eine kräftige Hand wischte, mit Fingern daran wie ein Büschel Bananen.

„Ganz schön heiß heute, was?“ Der Mann fuhr herum.

„Ja, ganz schön heiß ...“

Er sah aus, als wollte er noch etwas hinzufügen, nestelte aber stattdessen unbeholfen am Rand seines kurzärmeligen Hemdes herum.

„Wissen Sie, wo wir hier sind?“ George rutschte mit dem ausgestreckten linken Arm an einem Laternenpfahl hoch, wodurch sich sein wohlgeformter, jugendlicher Körper dehnte.

„Ja“, sagte der Mann leise und senkte den Blick.

„Kommen Sie.“

George bückte sich, als ob er die Schuhe zubinden müsste, und streckte dabei wie zufällig seinen festen, jungmädchenhaften Hintern heraus.

„Haben Sie ein Hotelzimmer?“

Der Mann faltete die Hände und nickte langsam. Als er das gerötete Gesicht hob, konnte George in den zusammengekniffenen Augen schon die kaum noch versteckte Geilheit schimmern sehen.

*

Übergangslos kam die Dunkelheit. Lennie stemmte sich hoch. Er wollte wenigstens heraus aus dem Zwielicht, dem tanzenden Neon der Bars, Restaurants und Hotels entgegengehen. Ich werde schon rechtzeitig wieder zurück am Treffpunkt sein, dachte er, wischte sich die verschwitzten, großen Hände unbeholfen an der schmutzigen Arbeitshose trocken und trottete auf die Bar mit der grellsten Lightshow zu.

Novitzki wird Augen machen, wenn er hört, dass wir weg sind aus der Casa del sol. Fast hätte er George nicht nachgegeben, als der vorschlug abzuhauen. Diese Frau, Lina Wertheim, sie war so sanft mit ihm gewesen. Sie hatte ihm weiche Sachen gekocht, die er ohne Schmerzen essen konnte. Sie hatte ein Mittel gegen das nervende Jucken an seinem linken Fuß besorgt und ihm die Furunkel am Hals verarztet. Auch seine verfilzten Haare hatte sie geschnitten.

Aber Lina blieb nicht mehr allzu lange, nur bis Novitzki aus dem Urlaub zurück war. Dann wäre der Frust wieder losgegangen. Lennie fröstelte, er zog die Schultern hoch und hielt die Lippen geschürzt wie ein schmollendes Kind.

In den Augenwinkeln sah er vorne rechts aus dem Hoteleingang einen jungen Typ herausrennen. Dicht hinter ihm folgte ein sportlicher, großer blonder Mann in mittleren Jahren. Ganz in Gedanken versunken hatte er sich fast schon abgewendet, da riss er in jähem Schrecken die Augen weit auf:

„George!“

Vorabdruck aus Holger Biedermann, Von Ratten und Menschen , Kriminalroman, erscheint am 28.8. bei Edition Nautilus Hamburg, 84 S., 12,90 Euro, © Edition Nautilus

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