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vorlauf kunst Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um

Wer seine alte Kamera nutzbringend entsorgen möchte, sollte sich heute ab 17 Uhr auf den Galerie-Rundgang begeben und bei der Galerie Wohmaschine vorbeischauen. Dort hat die niederländische Künstlerin Mirjam Kuitenbrower einen Teil ihres Ateliers aufgebaut, in dem sie alte Kameras zerlegt, um sie als überraschende Architekturmodelle wieder auferstehen zu lassen, etwa als „Hommage an Montblanc“. Am Hang eines Bergs, dessen schneebedeckter Gipfel sich als der Stern des gleichnamigen Füllers entpuppt, steht ein Kamerahaus, das auf einen spiegelnden Tintensee schaut: Reflexion auf das zum Schreiben notwendige Reflektieren. Kuitenbrower sitzt inmitten von großen Asphaltbrocken, die die Gruppe Observatorium aus der Gartenstraße in den Galerieraum verpflanzte. Auch Observatorium beschäftigt sich mit Architektur – als flexibler, leicht gebauter Form im öffentlichen Raum. So stellen sie zum Beispiel ziemlich wohnliche Bücherregale auf ziemlich unwohnliche Kartoffeläcker oder Deiche am Meer. In der Wohnmaschine kehrten sie das Prinzip um, machten das Öffentliche privat und das Private unwirtlich.

Ziemlich unwirtlich ist auch die Szenerie, die die Foto- und Videoarbeiten der Architekten Paola Yacoub und Michel Lassere in der Galerie K & S zeigen. Die Ansichten aus dem Südlibanon, die die Diaprojektoren und Videobeamer an die Wand werfen, wären einer Postkarte nicht würdig. Wie beispielsweise die staubigen Straßen, die verlorenen Passanten darauf und als Texttafel dazwischengeschaltet die Frage, um wen es sich hier handelt. Hamas? Dorfbewohner? Touristen? Raffiniert, ohne visuell oder verbal explizit zu werden, thematisieren sie eine politisch fragile Situation.

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