Der Wahlkampf in Serbien ist eröffnet

Jugoslawiens Vizepremier Labus will für das Präsidentenamt kandidieren. Bundespräsident Koštunica zögert noch

BELGRAD taz ■ „Vor meiner Familie, meinen Freunden und Mitarbeitern gebe ich meine Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen am 29. September bekannt“, erklärte der Vizepremier der serbisch-montenegrinischen Bundesregierung, Miroljub Labus, am Montag bei einer Pressekonferenz und eröffnte den Wahlkampf in Serbien. Serbien habe sich nach der Wende sehr schnell entwickelt, befinde sich nun aber an einem Scheideweg, sagte Labus. Man müsse noch sehr viel mehr tun. Entweder werde man die Reformen fortsetzen oder im Dreck stecken bleiben.

Obwohl Mitglied der „Demokratischen Partei“ (DS) unter dem Vorsitz des serbischen Premiers Zoran Djindić und Leiter der politisch und wirtschaftlich sehr einflussreichen Expertengruppe „G 17 plus“ – Mitglieder der Gruppe sind unter anderem die Finanz- und Privatisierungsminister sowie der Gouverneur der Nationalbank –, bestand Labus darauf, als selbstständiger Kandidat aufzutreten. Dadurch will er vor allem verhindern, dass seine Wahlkampagne nicht durch das schlechte Ansehen Djindjic’ belastet wird. Er kann jedoch mit der logistischen Unterstützung der serbischen Regierung und der regierenden Koalition DOS rechnen, die wohl zugunsten von Labus auf einen eigenen Kandidaten verzichten wird.

Das Transitionsland Serbien ist durch den – wie viele Medien schreiben – „schmutzigen und erbarmungslosen“ Machtkampf zwischen Djindjić und Bundespräsident Koštunica zerrissen. Als Schöpfer der wichtigsten internationalen Verträge Serbiens und Montenegros mit Weltbank und Internationalem Währungsfonds blieb Labus als Bundesvizepremier von den serbischen innenpolitischen Kabalen verschont und verspricht „als Präsident aller Bürger“ politischen Frieden nach Serbien zu bringen.

Der einzige ernsthafte Gegenkandidat von Labus für das Amt des serbischen Präsidenten wäre Bundespräsident Vojislav Koštunica, der immer noch mit seiner Kandidatur zögert und seine endgültige Entscheidung erst im August bekannt geben will. Sollte Koštunica, wie zu erwarten, bei der Wahl antreten, ist im Herbst mit den bisher härtesten Präsidentschaftswahlen in der Geschichte Serbiens zu rechnen. Man spricht in Belgrad gar von einem Referendum über Reformen und eine Annährung an den Westen, für die Labus steht, und über einen national orientierten, konservativen Kurs, den Koštunica verkörpert.

Gemäß der von Slobodan Milošević geschneiderten serbischen Verfassung hat der Präsident sehr große Befugnisse. Der de facto entmachtete amtierende Präsident Serbiens, Milan Milutinović, wartet auf seinen Nachfolger und wird sich nach der Präsidentschaftswahl zu seinem früheren Chef Milošević ins Gefängnis des Haager Tribunals gesellen. ANDREJ IVANJI