: berliner szenen Ausgehfertig
Discomäuse
Am Wochenende ist das Leben wie MTV. Dort gibt es zum Beispiel diese rotzfreche Göre mit rosa Haaren, die gern bauchfrei trägt und immer ganz selbstbewusst rumläuft. Im Musikvideo geht sie lässig auf die Piste, zieht sich richtig sexy HipHop-Klamotten an und wird doch tatsächlich von den bösen Türstehern weggeschickt. Unerhört. Die schmucke Lady nennt sich Pink und wird ganz oben in den Charts gehandelt.
Samstagabend haben sich drei Mädels diesen bunten Clip reingezogen und einfach total toll gefunden. „Was die kann, können wir schon lange“, haben sie sich gedacht und Muttis Schminkzeug gekrallt. Die Erste zieht so ’ne lässige Latzhose an, aber nur bis zur Hüfte, und ein Oberteil, das bloß bis zu den Rippen reicht. Die Zweite nimmt eine blütenweiße 7/8-Hose aus dem Schrank, knatscheng wie ihr dazugehöriges Leibchen. Die Dritte greift dagegen zu einer Hose in Tarnmuster. Zusammen sind sie kleine Dubletten ihrer Video-Heldin, gerade mal 1,60 Meter groß, keine 18 Jahre alt und ausgehfertig.
Direkt an der B 1, am Stadrand von Berlin, im Gewerbegebiet Dahlwitz-Hoppegarten, macht ein kontrastreiches Haus schon von weitem per Lichtkegel auf sich aufmerksam. Die drei wollen es besser machen als Pink. Sie wollen rein in den Schuppen. Und zwar unkompliziert. Die Männer mit den dicken Armen rühren sich nicht. Das Schmollmund-Lächeln hat gewirkt. Drinnen geht’s schnurstracks zum proppevollen RnB-Floor, später tanzen sie, um Aufmerksamkeit ringend, auf dem DJ-Pult. Irgendwann ist es so weit: Die quirligen Discomäuse werden angesprochen. Um gut zwei Köpfe überragen sie die Typen. Eine tiefe Stimme brummt forsch: „Die Ausweise Bitte!“ OLIVER RUF
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