Streiks im Einzelhandel: Die einen drohen mit Streiks, die anderen mit Pleiten
Kulisse Sommerschlussverkauf
Der am Montag beginnende Sommerschlussverkauf (SSV) könnte in Niedersachsen und Bremen trotz eines Tarifabschlusses im Südwesten von Streiks begleitet werden. Sollten die Arbeitgeber nicht zu einer Übernahme des Ergebnisses bereit sein, will die Gewerkschaft ver.di zu weiteren Arbeitskämpfen aufrufen.
Der niedersächsische Einzelhandelsverband bot an, am 7. August für die 320.000 Beschäftigten in Niedersachsen und Bremen über den in Baden- Württemberg erreichten Abschluss zu verhandeln. Im Südwesten hatten sich Arbeitgeber und ver.di am Freitag auf 3,1 Prozent höhere Einkommen ab dem1. August geeinigt. Für die Monate April bis Juli gibt es einmalig 180 Euro.
Ein ähnlicher Abschluss war bereits Mitte Juli in Niedersachsen erzielt, dann jedoch von den Arbeitgebern widerrufen worden. „Es liegt jetzt an den Arbeitgebern, Streiks während des Sommerschlussverkaufs zu vermeiden“, sagte ver.di-Sprecher Peter Franielczyk in Hannover. Er warnte die Unternehmen im niedersächsischen Einzelhandel davor, ein niedrigeres Ergebnis als das von Baden-Württemberg erzielen zu wollen. „Unsere Streikvorbereitungen laufen weiter. Die Arbeitgeber haben seit Monaten alle Möglichkeiten zu einem Abschluss mit uns gehabt. Wir wären doch dumm, wenn wir den Sommerschlussverkauf verstreichen ließen, statt Druck aufzubauen.“
Der niedersächsische Einzelhandel will Streiks während des Sommerschlussverkaufs vermeiden. ver.di gehe davon aus, dass die in Baden-Württemberg aktiven großen Unternehmen den Abschluss auch in Niedersachsen mittragen werden. Die Position der Klein- und Mittelständler müsse noch abgewartet werden, sagte die Sprecherin des Unternehmensverbands Einzelhandel, Karin Schindler-Abbes. Sollte die Gewerkschaft wie angekündigt zu Streiks aufrufen, seien weniger direkte Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb zu befürchten. „Was uns Sorge macht, ist der Eindruck bei den Kunden, dass wegen der Streiks die Kaufhäuser nicht wie gewohnt arbeiten. Dabei kann man aber einkaufen wie sonst auch.“ Die Unternehmen seien stark auf die SSV-Einnahmen angewiesen. Ohne diese durch teils enorm hohe Rabatte ohnehin stark geschmälerten Erlöse könnten bei manchen Betrieben Entlassungen und teilweise auch Insolvenzen drohen.
Der Tarifvertrag für die rund 320.000 Beschäftigten in Niedersachsen und Bremen ist bereits Ende April abgelaufen. Die Gewerkschaft verlangte bisher 120 Euro höhere Einkommen für die Beschäftigten. Die Arbeitgeber haben bisher 1,7 Prozent geboten. dpa
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