Treibstoff für die Börse

„Ex und Hopp“ ist bald vorbei. Anleger können vom Dosenpfand profitieren. Im Geschäft sind neben dem norwegischen Hersteller von Mehrwegautomaten Tomra ASA auch die CCR Logistics Systems AG

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Juni 2002 hat den Weg für die Einführung des so genannten Dosenpfands zum 1. Januar 2003 geebnet. Die Verfassungsbeschwerde gegen die Veröffentlichung der Mehrwegquote wurde abgewiesen (die taz berichtete). Die Bundesregierung hat beschlossen, auf Einweggetränkeverpackungen ein Pfand von 0,25 Euro zu erheben, bei einem Inhalt über 1,5 Liter sollen es 0,50 Euro sein. Die Pfandpflicht soll für Dosen und Einwegflaschen gelten. Verpackungen von Wein und Fruchtsäften sind ausgenommen.

Spannend ist der Richterspruch vor allem für Unternehmen, die Entsorgungssysteme für wiederverwertbare Getränkeverpackungen herstellen und betreiben. Als Marktführer gilt weltweit die norwegische Tomra Systems ASA (WKN 872 535). Nach Bekanntwerden der Entscheidung des Verfassungsgerichts stieg der Kurs der Tomra-Aktie an der Frankfurter Börse um 20 Prozent auf 8,80 Euro.

Das Unternehmen stellt Mehrwegautomaten her und kann nach eigenen Angaben auch auf die Rücknahme von Einweggetränkeverpackungen umrüsten. „Wir können in kurzer Zeit den deutschen Markt mit einer ausreichenden Menge von Systemen versorgen“, teilt Tomra mit. Inwieweit man sich auf das neue Rücknahmesystem und die Logistik einstelle, werde erst bekanntgegeben, wenn sich Handel und Industrie auf ein Verfahren einigen.

Auch die Konkurrenz bereitet sich auf den kommenden Markt vor. Die Gesellschaft für Verpackungsforschung (GVM) prognostiziert für 2003 in Deutschland ein Aufkommen von 15 Milliarden Pfand-Einweggetränkeverpackungen. Den Anteil von Pfanddosen schätzt man auf etwa 7,7 Milliarden Stück.

„Legt man ein durchschnittliches Pfand von 50 Cent zu Grunde, kommt man auf ein Umsatzpotenzial von gut 7,4 Milliarden Euro für den gesamten Markt“, rechnet der Sprecher der CCR Logistics Systems AG (WKN 762 720), Alexander Röhrecke, vor. Das Umsatzpotenzial im Bereich Logistik, also der Entsorgung der Verpackungen, liegt nach Expertenschätzungen bei 70 bis 100 Millionen Euro pro Jahr.

CCR, Münchner Spezialistin für Entsorgungslogistik, plant ein flächendeckendes bundesweites System zur Rücknahme von Getränkeverpackungen. Mehr als 300 Verwerter, die das Pfandgut recyceln könnten, seien bereits unter Vertrag, so CCR. Außerdem sollen 400 Mitarbeiter und rund 300 Lkws eingesetzt werden, um die Pfandflaschen und -dosen zu den Recyclinganlagen zu transportieren sowie für Verwaltung und Organisation zu sorgen.

„Wir schätzen, dass es in Deutschland mindestens 90.000 Automaten geben muss, um die Rücknahme zu gewährleisten“, so Röhrecke. Unterschiedliche Auffassungen gibt es über die nötige Investitionshöhe. Der Einzelhandelsverband rechnet mit bis zu 2,3 Milliarden Mark. CCR gibt ein Volumen von etwa 700 Millionen Euro für den Gesamtmarkt an. Die Kosten seien geringer, weil man auf die Logistik bereits bestehender Entsorgungsbereiche im Unternehmen zurückgreifen könne.

„Auch bei der Etikettierung der Getränkeverpackungen haben wir eine kostengünstige Alternative“, merkt Röhrecke an. Zusätzlich zum normalen, als „Strichcode“ bekannt gewordenen „EAN-Code“ müsse es eine zweite Etikettierung geben, die das Pfand kennzeichne. Einige Systeme benutzten einen zweiten „EAN-Code“, der 0,4 Cent je Verpackung koste. Der CCR-Partner MRV GmbH habe alternativ ein Verfahren mit einem unsichtbaren, phosphoreszierenden Aufdruck entwickelt, der nur mit 0,17 Cent je Verpackung zu Buche schlage. Da der Aufdruck bei der Rückgabe gelöscht werde, könne das Pfand nur einmal kassiert werden. Röhrecke: „So kann der Missbrauch des Pfandsystems ausgeschlossen werden.“ CCR möchte gern allein die bundesweite Pfandentsorgung übernehmen. Für realistisch aber hält Röhrecke die Option, dass es zu einer „Kooperation mehrerer Anbieter“ in einem System komme. „Verschiedene Systeme sollte es nicht nebeneinander geben. Das wäre zu teuer und nicht kundenfreundlich“, so Röhrecke. Außerdem müsse gewährleistet sein, dass in allen Geschäften alle Verpackungen angenommen würden.

Welche Systeme letztlich von welchen Anbietern installiert und betrieben werden, entscheiden die Hersteller und Vertreiber von Getränkeverpackungen. Röhrecke geht davon aus, dass sich mehrere Anbieter den Markt teilen werden: „Wir wollen keine Monopolstruktur, sondern eine Konkurrenz der besseren Systeme.“ Selbst wenn sich das CCR-System durchsetzen würde, könnten auch Konkurrenten es nutzen und ihre Automaten auf dem Markt anbieten. „Wenn sich der Einzelhandel für unser System entscheidet, könnte CCR einen Marktanteil von 50 Prozent erreichen“, hofft Röhrecke. Daraus eine Umsatzerwartung abzuleiten wäre aber unrealistisch, weil man erst die genaue Aufteilung des Marktes abwarten müsse.

Im Jahr 2001 hat CCR einen Inlandsumsatz von 19,7 Millionen Euro ausgewiesen. Nach einem Höchststand von zwei Euro im Juli 2001 und einem Tief von 0,75 Euro im September 2001 lag der Kurs der CCR-Aktie an der Frankfurter Börse Anfang Juli nach der Pfandentscheidung aktuell bei 1,10 Euro. MARKUS FUHRLÄNDER/ECOREPORTER.DE