: sommerkrimi
Folge 20
„Koks? Mann, ist das Koks?“
„Genau.“
„Das muss ja ein Vermögen wert sein.“
„Nur für den, der die richtigen Leute kennt. Genau das ist mein Problem.“
„Hm, lass mich mal überlegen. Unser Besatzungskind, der Sammy, der kennt auf jeden Fall so‘n paar kleinere Dealer. Aber für die dürfte das ‘ne Nummer zu groß sein.“
„Hinter jedem Kleinen steht ein Großer.“
„Du musst verdammt vorsichtig sein. So ‘ne Menge Koks muss doch irgendwer vermissen?“
„Vielleicht sollten wir das zuerst mal rauskriegen.“
„Du kannst natürlich gleich bei Big Boss Wassili Dembinski reinmarschieren und das Zeug auf den Tisch packen, oder, noch besser, bei den Bullen.“
„Warum eigentlich nicht? Frechheit siegt.“
„Manchmal. Wenn nicht, dann ist zumindest im ersten Fall die Rübe ab. Ziemlich hoch der Preis, findest du nicht?“
„So viele Möglichkeiten haben wir nicht. Wir kennen die Szene nicht, da muss man vielleicht einfach was riskieren.“
„Na ja, wart man erst mal. Ich werde nachher mit Sammy sprechen. Mal sehen, ob er uns helfen kann.“ Harry war jetzt vom Tisch aufgestanden, stand schon in der Küchentür.
„Sagen wir ... zehn Prozent für euch, Harry, ist das okay?“
„Das überlass ich dir, Mann. Da hatten wir noch nie Probleme.“
George war jetzt auch aufgestanden.
„Wir müssen vor allem dichthalten. Das ist das Wichtigste. Auch den Lennie sollten wir raushalten. Der kapiert das eh nicht. Nachher verplappert er sich irgendwo.“
„Lass mich man machen, Mann.“
13.9.2001, 10.00 Uhr
Am Tag nach den Anschlägen in New York war alles drunter und drüber gegangen. Völlig gerädert war Pieter Lund schließlich spät nachts ins Bett gefallen und hatte erst an diesem Morgen, mit einem Tag Verspätung, sein Ermittlungsteam im kleinen Konferenzraum versammelt. Als er den Flur hinunterging, sah er durch die offene Tür schon Atze Wendt und Larissa Lehmann ins Gespräch vertieft. Atze hatte wie immer seinen Anglerhut auf. Er trug ein schwarzes Hemd, eine gelb-schwarz gepunktete Krawatte und darüber eine beige-braun karierte Jacke. Wie Al Capone, dachte Lund, man müsste nur den Hut austauschen. Oder Al Capone beim Angeln, dann müsste er bloß die Schuhe ausziehen und die Hosenbeine hochkrempeln. Lund lachte, obwohl er ganz allein auf dem langen Flur war. Er mochte diesen kleinen, pummeligen, aber erstaunlich gewandten Mann.
Vorabdruck aus Holger Biedermann, Von Ratten und Menschen, Kriminalroman, erscheint am 28.8. bei Edition Nautilus Hamburg, 192 S., 12,90 Euro, © Edition Nautilus
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