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Gehört: Prégardien beim Schleswig Holstein Musik Festival. Wie oft hört man, auf Musikinterpreten bezogen, den Seufzer, dass früher alles viel besser gewesen wäre? Oft muss man bei genauerem Hinhören jedoch feststellen, dass diese Behauptung falsch ist. So auch, wenn es um Lieder geht. Selten gab es so viele erstklassige Liedsänger wie heute. Allerdings: Sie sind selten live zu erleben. Ein Grund dafür könnte sein, dass man Liedgesang beim besten Willen nicht zum großen Event aufbauschen kann. Dazu ist er in seiner Intimität und unbedingten Seriosität nicht geeignet. Darum kann es auch kaum verwundern, dass außer bei Festivals wie den diversen Schubertiaden kaum noch Liedkunst im Konzertsaal zu erleben ist. Auch nicht beim Schleswig Holstein Musik Festival.

Ausnahmen bestätigen die Regel. So gab es dieser Tage im Schloss Reinbek eine Sternstunde des Lieds zu vermelden. Christoph Prégardien sang, begleitet von Michael Gees, Franz Schuberts Liederzyklus „Schöne Müllerin“. Prégardien verfügt über eine Gabe, die immer schon selten war: Er kann in die musikalischen Tiefen eines Werkes eindringen, ohne sich selbst aufzudrängen. Da gibt es keine Manierismen und Eitelkeiten, die sich vor das Musizieren stellen würden.

Es geht Prégardien und seinem ihn ideal ergänzenden Klavierpartner Gees nur darum, den vom Komponisten in Töne gefassten musikalischen Ausdruck dem Zuhörer zu vermitteln. Dazu bedarf es vielerlei: höchste Musikalität, perfekte Technik, eine passende Stimme, klare Diktion und, zumeist wird dies vergessen, musikalische Intelligenz, Natürlichkeit und Ernsthaftigkeit. Prégardien verfügt über all dies – die gelegentlich etwas fahlen Spitzentöne fallen da nicht ins Gewicht. So etwas erlebt man nur selten. RAINALD HANKE

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