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„Täglich 18 Seiten Hochwasser“

Die Dresdner Medien wurden wie die ganze Stadt von der Flutwelle überrascht. Das Gebäude der „Sächsischen Zeitung“ steht nur 250 Meter vom „normalen“ Elbufer entfernt. Ein Gespräch über mediale Verantwortung und Blattmachen unter Wasser

Interview ALEX MENGER

taz: Herr Kittel, wie macht man eine Zeitung in einem Katastrophengebiet?

Olaf Kittel: Bis Montag habe ich das selbst noch für unmöglich gehalten. Wir sitzen hier mit der kompletten Führungsmannschaft und einigen Producern in unserer Nebenstelle in Bautzen und haben kein Redaktionssystem und nur Hilfsleitungen. Alle anderen Redakteure arbeiten wie freie Mitarbeiter, sitzen zu Hause, schreiben dort ihre Nachrichten und schicken sie uns per Mail, faxen sie oder geben sie am Telefon durch.

Wann sind Sie vom Wasser überrascht worden?

In der Nacht von Montag auf Dienstag wurde unser Verlagsgebäude überflutet. Am Dienstagmorgen kamen wir nicht einmal mehr an die Redaktion heran. Wir haben dann eine Krisensitzung in der Privatwohnung unseres Geschäftsführers gehalten und entschieden, nach Bautzen umzuziehen. Dort angekommen, hatten wir das Problem, wie wir unsere Seiten an die Druckerei senden können. Die ersten Tage mussten wir das mit einem einzigen privaten Laptop machen.

Hat sich die Lage am Hauptgebäude wieder entspannt?

Das Haus stand bis gestern unter Wasser, lief dann kurz leer und ist jetzt wieder so voll wie vorher. Der Keller ist voller Wasser, im Erdgeschoss reichte es gestern Abend bis zur Hüfte. Besonders schlimm steht es um unser Archiv. Das ist zu einem großen Teil abgesoffen. Als der Wasserstand gestern gesunken war, haben wir das Material erst in Kühlhäuser gebracht und dann nach Cottbus geschickt. Die Fotos und alten Zeitungen müssen jetzt schnell schockgetrocknet werden. Wenn das nicht innerhalb von 24 Stunden passiert, ist alles hin.

Die Berichte aus der Region vermitteln ein schreckliches Bild. Ist da der Sensationsjournalismus am Werk oder wird ein realistisches Abbild der Lage gezeigt?

Die Kollegen von Radio und Fernsehen machen einen guten, ehrlichen Job. Zwar nimmt der eine oder andere Journalist das Ganze jetzt etwas zu locker, aber ansonsten erfahren wir hier viel Mitgefühl. Das ist wirklich die schlimmste Katastrophe seit 500 Jahren. Wir produzieren täglich 18 Seiten über das Hochwasser und selbst dann lässt sich die Situation kaum erfassen. Bei Zeitungen, die nur zwei, drei Seiten machen, bleibt das Ganze natürlich an der Oberfläche. Aber einen Katastrophentourismus gibt es hier nicht.

Fallen dadurch nicht wichtige Ereignisse am Rand des Geschehens unter den Tisch?

Aber das ist doch selbstverständlich. Aus der Entfernung hat man einen ganz anderen Blick auf die Situation. Die Betroffenheit nimmt ab, und um jedes Dorf kann man sich nicht kümmern. Wenn es ein Hochwasser in Bayern gibt, machen wir das doch auch nicht anders.

Wie empfinden denn die Anwohner den Ansturm der Journalisten?

Das kann ich schwer beurteilen, weil ich relativ weit weg davon bin. Außerdem ist so ein großer Raum betroffen, dass es da so schnell nicht störend wird.

Wann können Sie nach Dresden zurückkehren?

Gestern dachten wir, am Montag. Heute wissen wir, es wird noch lange dauern. Das Redaktionsgebäude steht ja noch immer unter Wasser. Dann muss erst noch unsere völlig zerstörte Telefonanlage ausgewechselt werden. Vor Montag in einer Woche wird das kaum geschafft sein.

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