Bei Erfolg Hamburger

Der an Legionellen erkrankte Silbermedaillengewinner der Olympischen Spiele 2000 in Sydney, Stephan Vuckovic, geht nach langer Pause erstmals wieder bei einem Triathlon-Weltcup an den Start

von FRANK KETTERER

taz: Hallo Herr Vuckovic, wie geht es Ihnen?

Stephan Vuckovic: Es geht mir immer besser, auch wenn es manchmal noch komisch ist.

Wieso komisch?

Ab und zu habe ich leichten Schwindel, vor allem wenn ich viel trainiert habe oder extrem unter Stress stehe. Aber selbst das ist besser geworden. Nach so schweren Infektionen wie ich eine hatte, ist das wohl normal.

Nicht normal ist hingegen, dass jemand, der so schwer krank war wie Sie, nur ein Dreivierteljahr später ankündigt, einen Triathlon-Weltcup gewinnen zu wollen. Ist das wirklich Ihr Ernst?

Eigentlich nein! Ich denke, dass ich noch nicht so weit bin. Das wäre ja auch ein Wunder, wenn man bedenkt, dass ich im Januar noch gedacht habe, in diesem Jahr überhaupt keine Wettkämpfe absolvieren zu können.

Was ist ein realistisches Ziel für Ihren ersten großen internationalen Wettkampf nachdem Sie letzten Sommer an Legionellen erkrankt sind?

Wenn ich unter die ersten 15 komme, wäre das schon gut. Es ist ja jetzt erst sieben Wochen her, dass ich wieder trainieren kann. Um einen Weltcup zu gewinnen, reicht das wohl nicht.

Letztendlich kann man aber feststellen, dass es ein kleines Wunder ist, dass Sie beim Hamburger Weltcup starten können.

Klar. Als ich wieder mit dem Sport angefangen habe, war ich mehr oder weniger ein Wrack; noch im Januar habe ich für die 1000 Meter auf der Bahn über 4 Minuten gebraucht. Das ist eigentlich ein Witz, für mich war das damals aber Limit.

Wie hat sich das im täglichen Leben geäußert?

Das Schlimmste für mich war, als in der Zeit danach mein Herz angefangen hat rumzuspinnen.

Rumzuspinnen?

Ja. Ich hatte plötzlich Extraschläge und Herzrhythmus-Störungen. Das erste Mal als ich das bemerkt habe, bin ich nachts mit einem Puls von 140 aufgewacht. Meine Mutter hat mich dann ins Krankenhaus gefahren, das war der absolute Horrortrip. Ich habe gedacht, jetzt ist es vorbei, solches Herzrasen hatte ich.

Woher rührte das?

Das kam, weil ich mit dem Sport aufhören musste. Mein Herzmuskel war ganz andere Belastungen gewohnt. Wenn man dann kein Sport mehr treiben kann oder darf, kommt es zu solchen vegetativen Störungen.

Sie waren drei Wochen im Höhentrainingslager. Danach haben Sie festgestellt, dass sie sich wieder als „richtiger Athlet“ fühlen. Wie fühlt sich das an?

Ich kann wieder den ganzen Tag vom Körper her das trainieren, was der Kopf trainieren will. Ich wollte ja auch im Frühjahr schon mal acht Stunden am Tag trainieren, bloß wenn ich das gemacht habe, gings mir am Abend wieder schlecht. Auf die Dauer geht man daran psychisch fast kaputt, weil man Schiss hat, dass da mit dem Körper immer noch etwas nicht stimmt.

Was ändert sich im Leben und Denken eines Sportlers, wenn er dort stand, wo Sie mit Ihrer Krankheit gestanden haben?

Man merkt, wie toll es ist, wenn man Sport treiben kann. Gerade in der ersten Phase danach habe ich mich unheimlich darüber aufgeregt, wenn Athleten rumgestöhnt haben, sie hätten keinen Bock zu trainieren. Das habe ich früher zwar auch mal gesagt, aber das ist vorbei. Heute sage ich: Ich darf trainieren. Das ist ein großer Unterschied.

Gibt es etwas wie eine Bilanz, die sie aus Ihrer Krankheit und der Zeit danach ziehen können?

So eine Krankheit bekommt man nicht, wenn man gesund ist. Seit meinem zweiten Platz bei Olympia in Sydney hatte ich aber nur noch Stress. Deshalb haben mich die Legionellen ja so umgeworfen. Normalerweise liegt man da ein paar Tage mit Fieber flach. Bei mir aber war das der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Ich hätte vorher auf die Bremse treten müssen. Aber das macht man eben nicht, wenn man sich auf dem Höhenflug befindet.

Wieviel fehlt noch zum alten Stephan Vuckovic, dem strahlenden Olympiazweiten?

Puh! Vielleicht ein halbes Kilo (lacht). Aber im Ernst: Ich weiß es nicht. Ich bin aber überzeugt, dass ich im nächsten Jahr wieder ganz der Alte bin.

Auf was wird es in Hamburg ankommen?

Da es ein ziemlich flacher Kurs ist, muss man schnell schwimmen, um möglichst in der ersten oder zweiten Radgruppe mitfahren zu können. Und wer gewinnen möchte, muss die 10 Kilometer am Ende unter 31 Minuten laufen.

Mit welcher Platzierung wären Sie am Sonntag zufrieden?

Zufrieden wäre ich mit einem Platz unter den ersten 15, glücklich mit einem unter den ersten Zehn. Und wenn ich unter die ersten Drei kommen sollte, dann bleibe ich einfach in Hamburg. Und zwar für immer.