: Tiefgründig konzeptlos
Senat plant ganz neue U-Bahnlinie von Steilshoop zur HafenCity und zum Olympia-Gelände. Fertigstellung bis 2012, aber die Finanzierung wackelt mächtig
Die HafenCity und das dort geplante Olympia-Zentrum sollen mit einer U-Bahn erschlossen werden, die vom Hauptbahnhof bis nach Wilhelmsburg und Harburg führen soll. So sieht es der aktuelle Planungsstand in der Bau- und Verkehrsbehörde vor. Noch diese Woche will Verkehrssenator Mario Mettbach (Schill-Partei) sein Konzept öffentlich vorstellen, glaubt die WamS zu wissen. Eine Bestätigung dafür war gestern nicht zu erhalten.
Bereits im Juli hatte Mettbach diese Lösung favorisiert, wollte aber noch die Option einer Hängebahn prüfen lassen (taz berichtete). Nun muss er für die Haushaltsklausur des Schwarz-Schill-Senats Anfang Oktober ein schlüssiges Konzept vorlegen – und ein finanzierbares. An beidem aber sind Zweifel berechtigt.
Auf „grob geschätzt bis zu 500 Millionen Euro“ hatte Mettbach die Investitionskosten für die U-Bahntrasse vor zwei Monaten beziffert, jetzt soll er nur noch von der Hälfte gesprochen haben. Dafür solle das Projekt nun mit der U-Bahn nach Steilshoop verbunden werden, deren Bau im Koalitionsvertrag des Rechts-Senats fixiert worden war: Eine neue Linie U4 würde demnach via Barmbek, Berliner Tor und Hauptbahnhof von der Trabantenstadt durch die HafenCity nach Harburg fahren. Das würde allerdings eine komplette Neuordnung des bisherigen U-Bahn-Systems erfordern, vor allem eine neue Route für die U2. Alles zusammen soll nun angeblich nur noch 550 Millionen Euro kosten und bis zu Olympia 2012 fertiggestellt sein.
Eine Summe, die angesichts der Haushaltslage der Stadt utopisch scheint. Im höchsten Fall kann der Senat auf der Klausurtagung 940 Millionen Euro verteilen – für Investionen in der gesamten Stadt. Und es ist kaum anzunehmen, dass seine Mit-SenatorInnen Mettbach kampflos fast den gesamten Kuchen überlassen.
Allein der Wunschzettel des Verkehrssenators beläuft sich jedoch auf mehr als 1,5 Milliarden Euro: Die Überdeckelung der A7 nördlich des Elbtunnels, die Hafenquerspange und und etwa 50 weitere Vorhaben stehen auf seiner Liste. Alles werde wohl, so soll Mettbach eingeräumt haben, „so nicht zu realisieren sein“.
Endgültig aus dem Rennen ist trotz dieser Fakten die Stadtbahn. Rot-Grün hatte beabsichtigt, ein 42 Kilometer langes Grundnetz für eine Stadtbahn zu errichten und die Hafencity mit anzubinden. Nach diesem Konzept, das direkt nach der Bürgerschaftswahl zu einem Planfeststellungsverfahren führen sollte, hätte Hamburg inklusive Wagen und Betriebshahnhöfen etwa eine Milliarde Mark bezahlt. Denn ein Kilometer U-Bahn, so die wissenschaftliche Faustregel, kostet etwa sechs Mal so viel wie ein Kilometer Straßenbahn.
Schwarz-Schill lässt das weiterhin unbeeindruckt.
SVEN-MICHAEL VEIT
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