: Getanzte Lärmbelästigung
„Tanz im Glashaus II“: Ein genialer Ort für Experimente. Jüngst genutzt von den Kompanien des „tanzwerks“
Viel Glas, Metall, Galerien, Treppen und rankendes Efeu: das „Glashaus“ hinter dem Bremer Lagerhaus. Ein genialer Ort für das Tanztheaterfestival des „tanzwerks“.
Die erste Produktion des Abends: „Haus Nr. 8“ von der Jugendtanztheatergruppe des „tanzwerks“, „Jump“. Zu „Amelie“-Musik läuft das Publikum über die Treppen und Galerien des „Glashauses“, vom dritten Stock an abwärts, und trifft so nach und nach auf die Bewohnerinnen dieser skurrilen Architektur. Mit kleinen Ameublements haben sie sich ihre Nischen geschaffen: ein Stückchen Teppich, ein Moskitonetz, eine Stehlampe. Hier stellen sie sich mit typischen Bewegungen und kleinen Tänzen vor. Dann treffen sie sich zu den Requisitentänzen auf dem Hof, streiten sich, bilden Gruppen – in jedem Fall: Gut erzählte Geschichten.
Eigentlich ist das „Glashaus“ ja nur ein schmaler Zwischenhof mit grobem Steinpflaster. Aber durch seine Höhe und Tiefe wird er zu einer faszinierenden Bühne, die anschließend auch die neue Kompanie des „tanzwerks“ für ihre erste Produktion nutzt: „Pur pur“ – weitgehend requisitenfrei, wesentlich abstrakter als das Jugendstück, puristisch eben.
Die Videoprojektionen – zum Glück sparsam genug eingesetzt – bringen leichte Brechungen der metallenen Geraden, die das Glashaus prägen: Ein schwimmender Apfel wird von einem Wasserstrahl gedreht, Männerfüße steigen Treppen herab.
Das Schlussbild: Die TänzerInnen stehen in einem schmalen Hochkant, gebildet aus den Schmalseiten der drei Balkone: Dort brechen sie in einen lautstarken Nachbarschaftsstreit aus. Ein ziemlich unvermitteltes Ende ist das, das aber immerhin durch seinen Realitätsbezug glänzt: Die AnwohnerInnen und ihre Klagen über Lärmbelästigung sind ein Dauerthema für das Lagerhaus – was unter anderem zur Folge hat, dass der geniale Spielort „Glashaus“ so selten genutzt werden kann. taz
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