: Baden macht schlau
Wegen Kürzung bei ABM-Trägern: Die Zukunft des Freibades Neugraben ist gefährdet. Dabei ist das Bad auch soziale Einrichtung für den Stadtteil
von GERNOT KNÖDLER
Der Neugrabener Feuerlöschteich hat Karriere gemacht. Im Laufe der Zeit umgebaut zu einem Freibad mit Schwimmbecken, haben in diesem Jahr 16.000 Besucher darin gebadet, darunter 14.000 Kinder. Doch nach dem Ende dieser Saison droht dem Freibad das Aus: Die Finanzierung mit Geld der Umweltbehörde, des Bezirks und des Arbeitsamt droht zusammenzubrechen. „Wenn sich nicht eine verlässliche Finanzierungsgrundlage entwickeln lässt, wird es trotz der offensichtlichen Beliebtheit im Stadtteil ein Abschied für immer“, warnte die Gesellschaft für Arbeit, Technik und Entwicklung (Gate). Der Beschäftigungsträger betreibt das Freibad seit 1996.
Im Gegensatz zu einem Feuerlöschteich, der von der Dorfjugend unbürokratisch zum Planschen genutzt worden sein dürfte, muss ein Freibad hygienischen Standards genügen und beaufsichtigt werden. Beides verursacht Kosten, die über die bewusst niedrig gehaltenen Eintrittspreise nicht gedeckt werden können. Mit knapp zwölf Euro war jeder Besuch des Freibades im vergangenen Jahr subventioniert, beim städtischen Bäderland sind es vier Euro.
Wegen der fehlenden Rentabilität hatte der Senat das Bad bereits 1988 aufgegeben. Doch die Besucher und die Leiter der umliegenden Schulen machten den Harburger Politikern damals Beine, erinnert sich Georg Peters, ein drahtiger älterer Herr, dem man ansieht, dass er regelmäßig zum Schwimmen herkommt. Schließlich wurde das Bad über Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) weiter betrieben. Geld für die Instandhaltung kam von der Umweltbehörde und aus Sondermitteln des Bezirks. Von 1998 bis 2000 wurde das Bad für eine Viertel Million Euro renoviert.
Insgesamt eine Million Euro habe das Arbeitsamt bereits an Lohnsubventionen bezahlt, sagt Klaus Koch vom Harburger Arbeitsamt. Ob eine solche Unterstützung 2003 noch möglich sein wird, ist offen. Unklar sei, wie sich die geplanten Veränderungen bei den Arbeitsämtern auswirken und wie viele ABM verfügbar sein werden.
In den Augen Elke Wolframs von Gate ist die unsichere Mischfinanzierung aber ohnehin ein ungelöstes Problem. „Eigentlich müsste es eine Regelfinanzierung für dieses Freibad geben“, findet sie. Es handle sich ja nicht um ein Spaßbad – obwohl an diesem Frühherbsttag eine Kinderhorde im Becken tobt –, sondern um eine soziale Einrichtung.
Die Frieda-Stoppenbrink-Sonderschule von gegenüber beispielsweise hält einen großen Teil ihres Sportunterrichts hier ab. Das Gelände ist ein Treffpunkt für die Kinder und Jugendlichen des benachbarten Hochhausquartiers Neuwiedenthal. Gerade Kinder armer Familien kämen hierher, sagt Schulleiterin Gisela Buck. Schwimmen helfe sehr, die Kinder zu fördern, ergänzt sie und zitiert eine Zeit-Titelzeile: „Toben macht schlau.“
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